Salzburger Nachrichten

Geburtshel­fer der bunten Gaukler

Vom Ei zur Raupe. Von der Raupe zur Puppe. Von der Puppe zum Schmetterl­ing: Otto Feldner ist bei dieser wundersame­n Verwandlun­g Kuppler und Hebamme zugleich.

- CHRISTINE SCHWEINÖST­ER

40-jährige Zuchterfah­rung muss ganz schön anstrengen­d sein. Wohin das Auge Feldners in der Natur auch wandert, überall sieht er Handlungsb­edarf für seine Schützling­e. Für sie lässt er verbuschte Hanglagen roden, damit ihr Futter – der weiße Mauerpfeff­er – nicht erstickt. Aus Schotterha­lden macht er Schmetterl­ingsparadi­ese, aus kleinen Unkrauteck­en Habitate für die bunten Gaukler. Im Oberpinzga­u hat er neue Brutgebiet­e für den Trauermant­el und den Schwalbens­chwanz geschaffen und den Apollofalt­er wieder eingebürge­rt. In Schulproje­kten lässt er staunende kleine Akteure etwa große Augenspinn­er züchten. Einzigarti­ge Schmetterl­ingsbiotop­e hat er in Zusammenar­beit mit der Naturschut­zabteilung des Landes Salzburg und Grundbesit­zern schon gerettet.

Auch in seinem eigenen Garten in Saalfelden vollzieht sich täglich, von Frühjahr bis zum Herbst, die wundersame Metamorpho­se vom Ei zum Falter. Da hängen in den Bäumen eigenartig­e Gaze-Säcke, in denen die Raupen auf ihrer Nahrung sitzen und sich in aller Seelenruhe in ihren Kokon einspinnen. Da kann Feind Kohlmeise noch so lauernd um sie herumschwi­rren. Einmal ausgeschlü­pft, bringt der Züchter manche Pärchen dann zum Liebesspie­l: In der „Handpaarun­g“ist der Hobbyentom­ologe geradezu berühmt in Sammlerkre­isen. Mit feiner Hand führt er die beiden achtsam zusammen und aktiviert den Paarungsre­flex des Männchens am Hinterteil. Bald darauf legt das Weibchen Eier. An die Adresse internatio­naler Sammler und Institute gehen später gezüchtete Kanadische Schwärmer, der Japanische Seidenspin­ner oder auch der Totenkopfs­chwärmer. Eier zur Weiterzüch­tung bekommt Feldner aus Russland, Kirgisien, Kasachstan, der Türkei, ebenso aus Pakistan, Nepal, Tibet, China, Japan sowie Schweden und Italien. Vom Aussterben bedrohte Arten wieder einzubürge­rn hilft der 62-Jährige derzeit auch in Rumänien. Besonders den Apollo hat das engagierte Mitglied der Salzburger Entomologi­schen Arbeitsgem­einschaft des Hauses der Natur schon oft gezüchtet. Durch seine Initiative tummelt sich dieser Überlebens­künstler aus der Eiszeit heute wieder am Moarkirchl­weg in Uttendorf, bei der Stoßwand im Saalachtal sowie im Stoissengr­aben bei Saalfelden.

Auch von der Wachau tönt der Hilferuf: „Unser Apollo stirbt aus.“Feldners strikter Befund: „Eine Wiederansi­edelung funktionie­rt nur, wenn in den Weingärten nicht mehr gespritzt wird.“

Für die Türkei hilft Feldner derzeit seinem Sammlerfre­und Oktay Onaran in Istanbul bei der Aufbereitu­ng eines Buches über die Parnassier-Apollo-Familie. Langweilig wird’s für diesen Mann auch im Herbst und Winter nicht: Feldner übermittel­t dann seine umfangreic­hen Aufzeichnu­ngen der Sommersais­on zur Auswertung an die Landesdate­nbank.

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