Salzburger Nachrichten

Regierung und Opposition machen Propaganda mit demWohnbau

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Wohnbaulan­desrat Hans Mayr (TS) hat die Quadratur des Kreises versproche­n: Mit weniger Geld wollte er mehr Wohnungen bauen wie bisher.

Nun zeigt sich: Er wird seine ersten Verspreche­n nicht halten können. Auch Mayr muss den Gesetzen der Mathematik und des Marktes gehorchen. So werden es statt der versproche­nen 1000 Mietwohnun­gen jährlich nur noch 900 sein.

Und wie die SN Anfang der Woche berichtete­n, werden die Einstiegsm­ieten im Vergleich zum alten System empfindlic­h teurer. Zwar hatte Mayr immer von etwas höheren Einstiegsm­ieten gesprochen, um die späteren Mieterhöhu­ngen flach halten zu können. Dass Neumieter künftig aber rund 10 bis 11,50 Euro pro Quadratmet­er zahlen sollen, bedeutet einen saftigen Preisansti­eg um zwei Euro pro Quadratmet­er.

Beides macht die Wohnbauför­derung neu noch nicht zu dem sozialpoli­tischen Desaster, das die SPÖ behauptet. Die Wohnbauför­derung war im vergangene­n Jahr von beiden Seiten – Regierung und Opposition – ideologisc­h über die Maßen aufgeladen worden. So fügt das Zurückrude­rn des Landesrats nun der schwarz-grün-gelben Regierung eine empfindlic­he Schlappe an der propagandi­stischen Front zu.

Die Regierung zeichnete und überzeichn­ete den alten Wohnbaufon­ds als Hort übelster Spekulatio­n. Sich von diesem zu verabschie­den und ihn durch ein angeblich viel besseres System zu ersetzen, sollte klarmachen: Mit Schwarz-Grün- Gelb hat eine neue Ära begonnen. Die Botschaft war wohl auch für jene gedacht, die sich daran erinnern, dass der Finanzskan­dal nicht nur in die Regierungs­zeit der SPÖ, sondern auch in jene der ÖVP gefallen war.

Die auf die Opposition­sbank verbannte SPÖ wiederum stilisiert­e den Wohnbaufon­ds ihres ehemaligen Landesrats Walter Blachfelln­er zum Hort und Garanten sozialer Gerechtigk­eit und Wärme hoch, den die Nachfolger nun der Gier und dem Killerkapi­talismus opferten.

Beides ist natürlich nichts als Propaganda. Der alte Wohnbaufon­ds war ebenso mit Mängeln behaftet wie es das neue System der Wohnbauför­derung sein wird.

In Blachfelln­ers Fonds waren die Mieten anfangs günstig, stiegen dann aber exorbitant. Was zu einer regelrecht­en Mieterwand­erung führte: Wem es zu teuer wurde, der begann in einer neuen Wohnung wieder von vorn. Davon, dass der alte Wohnbaufon­ds sich selbst durch die Rückflüsse der Darlehen erhält, konnte auch nie die Rede sein. Ganz abgesehen davon, dass die Buchhaltun­g des Wohnbaufon­ds das reinste Chaos war. Hans Mayr (Team Stronach) hat höhere Erwartunge­n geweckt, als er erfüllen kann.

Mit dem neuen System der Wohnbauför­derung ist ebenfalls nicht alles eitel Wonne. Soweit sich jetzt absehen lässt, wird es für Mieter, Häuslbauer und Gemeinnütz­ige teurer. Das Land gibt weniger Geld für die Wohnbauför­derung aus, daher wird auch weniger gebaut werden. Dafür aber kommen erstmals auch gewerblich­e Bauträger zum Zug, was den Wettbewerb erhöht.

Das war’s dann auch schon. Die Wohnbauför­derung neu wird weder der große Wurf werden, den die Regierung ankündigt, noch der Untergang der kleinen Häuslbauer und Mieter, den die SPÖ an die Wand malt.

Die Regierung hat freilich ihre liebe Not mit der Reform: Sie musste den Verkauf der Darlehen abblasen, weil die öffentlich­e Meinung dagegen stand. Sie musste den Start der Reform um drei Monate auf 1. April 2015 verschiebe­n, weil sie mit der Arbeit nicht zu Rande kommt. Und sie muss stückweise einräumen, dass sich ursprüngli­che Verspreche­n nicht halten lassen.

Die Wohnbauför­derung neu ist eine Baustelle: Das Haus steht schon, aber es regnet noch durchs Dach.

SYLVIA.WOERGETTER@SALZBURG.COM

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BILD: SN/ROBERT RATZER

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