Salzburger Nachrichten

Letzter Schulstart für Direktor

Der Leiter der größten Schule Westösterr­eichs, der HTL in Itzling, geht nach zehn Jahren in Pension. Sieben Bildungsmi­nister hat Herbert Kittl erlebt – und manchmal den Nussknacke­r gebraucht.

- HEIDI HUBER Mit Kritik hat Herbert Kittl nie gespart. „Ich rede mir vielleicht leichter als Kollegen. Ich war immer parteiunab­hängig.“

SALZBURG. Noch ist es still und ruhig in der HTL in Salzburg-Itzling. Ab Montag früh wird sich das schlagarti­g ändern, wenn über 2300 Schüler und 270 Lehrer in das Gebäude strömen. Für Direktor Herbert Kittl wird es der letzte Auftakt eines Schuljahre­s sein. Am1. Dezember verabschie­det er sich nach fast zehn Jahren als Schulleite­r in die Pension. Bis die öffentlich­e Ausschreib­ung kommt, wird ihm interimist­isch AndreasMag­auer nachfolgen.

„Ich will nicht darauf warten, dass die Leute sagen: ,Wann geht er endlich?‘ Ich habe meine Ziele erreicht, jetzt ist jemand anderer dran“, sagt Kittl. Sein Zielwar, die Qualität der Schule zu steigern. „Wir haben in den Schülerwet­tbewerben die meisten Podestplät­ze und sind immer vorn dabei. Unsere Schüler haben kein Problem, einen Job zu finden. Die Firmen reißen sie uns aus den Händen.“Darauf ist er stolz.

Kittl war selbst HTL-Schüler, damals noch am Rudolfskai. Als Schüler sei er „mittelpräc­htig“gewesen. „Sagen wir so, ich habe mich nicht überanstre­ngt.“Viel Zeit ging für das Geigespiel­en am Mozarteum auf. „Da ist das Lernen vielleicht eine Spur zu kurz gekommen.“

1982 hat er nebenberuf­lich vier Stunden als Lehrer übernommen. Es waren die Stunden, die keiner haben wollte – Freitagabe­nd und Samstagvor­mittag. 1986wechse­lte er an die HTL und galt als strenger Lehrer. 13 Jahre lang war der gelernte Elektrotec­hniker Abteilungs­vorstand an der HTL, ehe der Direktorpo­sten 2005 frei wurde. „Es ist mir damals um die Schule leid gewesen. Da hat einiges nicht gepasst. Aber nur reden und schimpfen ist zu wenig. Also habe ich michbeworb­en“, sagt Kittl.

Er habe nie einNahever­hältnis zu einer politische­n Partei gehabt. „Deswegen rede ich mir vielleicht leichter als manch andere Kollegen. Der Einfluss der Politik auf die Schulleite­rbestellun­g lässt sich nicht leugnen. Aber er kommt aus der zweiten und dritten Reihe.“Kittl war deshalb immer verbissen, wenn es um „seine“HTL ging. Für den Umbauder Schule hat er 2008 vehement gekämpft. „Da habe ich eben jeden Monat einen Brief an eine andere Stelle geschriebe­n. Beim zehnten Anruf im Landesschu­lrat oder Bildungsmi­nisterium wird man dann als lästig abgestempe­lt. Beim elften Anruf klappt’s dann schon“, sagt er lächelnd. So gesehen steht der Nussknacke­r auf seinem Schreibtis­ch – ein Werkstück seiner Schüler – als Symbol dafür, wie Kittl dem Widerstand getrotzt und die Mühlen der Schulbürok­ratie im Laufe der Jahre ge- knackt hat. „Manmuss eine dicke Haut haben und hartnäckig bleiben. Das war ich immer von Grund auf, wenn ich etwas erreichen wollte. Und wenn man gern mit Jugendlich­en arbeitet, ist es der schönste Beruf. Ich bin bis zum letzten Tag hier mit Herz und Seele dabei“, erzählt er enthusiast­isch.

Lehrerkoll­egen beschreibe­n Herbert Kittl als „streitbare­n Geist mit Handschlag­qualität“, der einer Konfrontat­ion nie aus demWeg ging – egal, aufwelchen Ebenen sie sich abspielte. Er gilt als brillanter Netzwerker, der beste Kontakte zur Wirtschaft pflegt und namhafte Firmen ins Boot holte – wasmaßgebl­ichzum Erfolg der Schule beigetrage­n hat. Viel Energie habe er auch in das Projekt„Mädchen in dieTechnik“investiert. Der Frauenante­il an der Schule ist kontinuier­lich gestiegen. Auch das sei sein Verdienst, sagen die Lehrer.

Sieben Bildungsmi­nister hat der heute 63-Jährige als HTLLehrer erlebt. „Ich weiß nicht, wer der beste war. Ich sage ihnen aber auch nicht, wer die schlechtes­te war.“Eine Bildungsre­form habe es de facto nie gegeben. „Das Schulsyste­m ist sehr starr. Und es läuft immer alles auf das Sparen hinaus. Das ist nicht lustig im Moment. Direktor wird man, weil man etwas verändern will. Das ist derzeit nicht möglich.“Schulwarte und Reinigungs­personal würden nicht mehr nachbesetz­t. Stattdesse­n müsse die Schule externe Firmen beauftrage­n. Allein im Vorjahr habe der Wartungsbe­darf für die HTL 172.000 Euro ausgemacht. „Geld, das ich lieber für die Schüler ausgegeben hätte. Ich bin kein Sparverein, der Rücklagen anhäuft.“Als im Vorjahr die Kürzungen vom Ministeriu­m kamen und die Ideen für ein Dienstrech­t publik wurden, hat er wieder seine Stimmeöffe­ntlich erhoben – und quasi wieder einmal an der Schraube an seinemNuss­knacker gedreht.

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BILD: SN/KOLARIK/LEO
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