„Keine Imame, die die Türkei bezahlt“
Integrationsminister Sebastian Kurz will in der Frage der Bezahlung beim neuen Islamgesetz nicht nachgeben.
Über den Streit um das neue Islamgesetz sprachen die SN mit Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP).
Österreich gilt mit seinem Islamgesetz seit 102 Jahren als Vorbild. Warum jetzt eine Novelle, und warum der Konflikt?
SN: Kurz: Die Islamische Glaubensgemeinschaft und wir arbeiten gut zusammen im Kampf gegen die Radikalisierung. Wir starten dazu jetzt eine Aktion, die einer weiteren Radikalisierung vorbeugen will, damit junge Menschen sich nicht verführen lassen durch die IS-Terroristen.
Unabhängig davon ist das Islamgesetz zu sehen, das Rechte und Pflichten derMuslime regelt.
SN: Was sind dieneuen Rechte?
Zum Beispiel die Friedhofsordnung, die den Muslimen garantiert, dass sie ihre Verstorbenen nicht in ihre alte Heimat überführen müssen, sondern sie ihrem Glauben gemäß hier beerdigen können. Auch die Seelsorge in Krankenhäusern oder Gefängnissen steht im Gesetzesentwurf, ebenso Regelungen zum Schächten oder zur Beschneidung.
SN: DieKritik entzündet sich an den Pflichten. Warum?
Der größte Kritikpunkt der Islamischen Glaubensgemeinschaft ist die Regelung zur Auslandsfinanzierung. Da habe ich eine klare Haltung: Ich möchte einen Islam österreichischer Prägung, frei von Einflussnahme und Kontrolle aus dem Ausland, etwa aus Saudi-Arabien oder der Türkei. Schenkungen, Erbschaften oder Einmalspenden sind möglich, aber keine laufende Finanzierung aus dem Ausland.
Es gibt in aller Welt christliche Missionare, die laufend – zum Beispiel ausÖsterreich – fi-
SN:
nanziert werden. Warum soll das für Imamenicht gelten?
Weil die 65 Imame, die aus der Türkei stammen und in Österreich tätig sind, direkte Angestellte der türki- schen Regierung sind. Die türkische Regierung bezahlt diese Imame und hat ein direktesWeisungsrecht.
SN: Ist das nicht die Sache derMuslime, wer ihre Imame bezahlt? Gehört das nicht zur Religionsfreiheit?
Natürlich ist es in Ordnung, wenn Imame in der Türkei von der dortigen Regierung bezahlt werden. Aber, nein, ich halte es für nicht sinnvoll, dass Imame und Prediger, die in Österreich tätig sind, die Vorbild für junge Muslime sein sollen, die Multiplikatoren in ihrer Gemeinschaft sind, weisungsgebundene Beamte der türkischen Regierung sind. Da hinkt der Vergleich mit christlichen Missionaren.
SN: Warum hinkt er?
Weil ich keinen katholischen Priester oder evangelischen Pastor in Österreich kenne, der direkter Angestellter der deutschen Regierung wäre und gegenüber dem die Frau Merkel einWeisungsrecht hätte.
SN: Reicht es nicht zu sagen, jeder kann inÖsterreich predigen, aber selbstverständlich im Rahmen der Verfassung?
Nein, weil wir in jüngerer Zeit eine Einflussnahme feststellen, die nicht im Einklangmit unserenWerten ist. Wenn hier Prediger aus Ländern auftreten, in denen man ein Problem hat, wenn FrauenAuto fahren, kann ich das nicht positiv sehen.
Kommt es nicht darauf an, was ein Imampredigt? Warummachtman ihmzum Vorwurf, woher er kommt?
SN: Nein, selbstverständlich kann jemand aus der Türkei oder SaudiArabien zuwandern und sich in Österreich in der muslimischen Glaubensgemeinschaft engagieren. Es geht nicht darum, woher er kommt, sondern von wem er bezahlt wird.