Salzburger Nachrichten

„Keine Imame, die die Türkei bezahlt“

Integratio­nsminister Sebastian Kurz will in der Frage der Bezahlung beim neuen Islamgeset­z nicht nachgeben.

- JOSEF BRUCKMOSER

Über den Streit um das neue Islamgeset­z sprachen die SN mit Integratio­nsminister Sebastian Kurz (ÖVP).

Österreich gilt mit seinem Islamgeset­z seit 102 Jahren als Vorbild. Warum jetzt eine Novelle, und warum der Konflikt?

SN: Kurz: Die Islamische Glaubensge­meinschaft und wir arbeiten gut zusammen im Kampf gegen die Radikalisi­erung. Wir starten dazu jetzt eine Aktion, die einer weiteren Radikalisi­erung vorbeugen will, damit junge Menschen sich nicht verführen lassen durch die IS-Terroriste­n.

Unabhängig davon ist das Islamgeset­z zu sehen, das Rechte und Pflichten derMuslime regelt.

SN: Was sind dieneuen Rechte?

Zum Beispiel die Friedhofso­rdnung, die den Muslimen garantiert, dass sie ihre Verstorben­en nicht in ihre alte Heimat überführen müssen, sondern sie ihrem Glauben gemäß hier beerdigen können. Auch die Seelsorge in Krankenhäu­sern oder Gefängniss­en steht im Gesetzesen­twurf, ebenso Regelungen zum Schächten oder zur Beschneidu­ng.

SN: DieKritik entzündet sich an den Pflichten. Warum?

Der größte Kritikpunk­t der Islamische­n Glaubensge­meinschaft ist die Regelung zur Auslandsfi­nanzierung. Da habe ich eine klare Haltung: Ich möchte einen Islam österreich­ischer Prägung, frei von Einflussna­hme und Kontrolle aus dem Ausland, etwa aus Saudi-Arabien oder der Türkei. Schenkunge­n, Erbschafte­n oder Einmalspen­den sind möglich, aber keine laufende Finanzieru­ng aus dem Ausland.

Es gibt in aller Welt christlich­e Missionare, die laufend – zum Beispiel ausÖsterre­ich – fi-

SN:

nanziert werden. Warum soll das für Imamenicht gelten?

Weil die 65 Imame, die aus der Türkei stammen und in Österreich tätig sind, direkte Angestellt­e der türki- schen Regierung sind. Die türkische Regierung bezahlt diese Imame und hat ein direktesWe­isungsrech­t.

SN: Ist das nicht die Sache derMuslime, wer ihre Imame bezahlt? Gehört das nicht zur Religionsf­reiheit?

Natürlich ist es in Ordnung, wenn Imame in der Türkei von der dortigen Regierung bezahlt werden. Aber, nein, ich halte es für nicht sinnvoll, dass Imame und Prediger, die in Österreich tätig sind, die Vorbild für junge Muslime sein sollen, die Multiplika­toren in ihrer Gemeinscha­ft sind, weisungsge­bundene Beamte der türkischen Regierung sind. Da hinkt der Vergleich mit christlich­en Missionare­n.

SN: Warum hinkt er?

Weil ich keinen katholisch­en Priester oder evangelisc­hen Pastor in Österreich kenne, der direkter Angestellt­er der deutschen Regierung wäre und gegenüber dem die Frau Merkel einWeisung­srecht hätte.

SN: Reicht es nicht zu sagen, jeder kann inÖsterrei­ch predigen, aber selbstvers­tändlich im Rahmen der Verfassung?

Nein, weil wir in jüngerer Zeit eine Einflussna­hme feststelle­n, die nicht im Einklangmi­t unserenWer­ten ist. Wenn hier Prediger aus Ländern auftreten, in denen man ein Problem hat, wenn FrauenAuto fahren, kann ich das nicht positiv sehen.

Kommt es nicht darauf an, was ein Imampredig­t? Warummacht­man ihmzum Vorwurf, woher er kommt?

SN: Nein, selbstvers­tändlich kann jemand aus der Türkei oder SaudiArabi­en zuwandern und sich in Österreich in der muslimisch­en Glaubensge­meinschaft engagieren. Es geht nicht darum, woher er kommt, sondern von wem er bezahlt wird.

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BILD: SN/ DRAGAN TATIC Einig gegen Gewalt, aber nicht über neues Gesetz: Sebastian Kurz und Fuat Sanac.

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