Putins Rückzug gilt als Kapitulation
Der Kremlchef befiehlt den Abzug seiner Soldaten aus der Grenzregion zur Ukraine, ehe die Sanktionen gegen Russland erneut verschärft werden. Seine Gegner im Land jubeln über die Niederlage.
Kremlchef Wladimir Putin hat den Abzug von mehr als 17.000 russischen Soldaten aus der Grenzregion zur Ukraine befohlen und damit Hoffnungen auf ein Ende des blutigen Konflikts genährt. Die Manöver im Gebiet Rostow seien abgeschlossen, teilte Putins Sprecher in der Nacht zum Sonntag mit.
Mit dem Rückzug der Truppen kommtMoskau einer zentralen Forderung des Westens und der Regierung in Kiew nach. Die Militärübungen an der Grenze zur Ostukraine hatte Russland im April eingeleitet. Immer wieder gab es danach Berichte über russische Kämpfer in den Reihen der moskautreuen Separatisten und über Waffenlieferungen über die Grenze – Berichte, die der Kreml stets zurückgewiesen hat.
Beobachter werten den jetzt angekündigten Abzug als Signal der Entspannung. Die EU und die USA haben Russland wegen des Ukraine-Konflikts mit scharfen Sanktionen unter Druck gesetzt. Moskau kritisierte die Strafmaßnahmen als unrechtmäßig und antwortete seinerseits mit Sanktionen wie einem Importstopp für Lebensmittel aus der EUund denUSA.
Russische Putin-Gegner sehen in dem Schritt ein Einknicken des Kremlchefs angesichts von Sanktionen und seiner zunehmenden internationalen Isolierung. Putins „Neurussland-Projekt“für die umkämpfte Ostukraine sei „vorbei“, schrieb der frühere Vizeregierungschef BorisNemzowamSonntag auf Facebook.
Der Präsident habe „verloren“und „überlässt Neurussland sich selbst“, kommentierte der ukrainische Politologe Taras Beresowez in dem sozialen Netzwerk. Washington hatte noch am Mittwoch mit einer Verschärfung der Sanktionen gedroht, sollte Moskau seine Einmischung in der Ostukraine nicht beenden.
Anfang September wurde eine Waffenruhe im Osten der Ukraine geschlossen, doch gibt es weiterhin praktisch täglich Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und prorussischen Separatisten. Erst am Samstag wurden bei Kämpfen in den Rebellenhochburgen Donezk und Lugansk mehrere Menschen getötet. Insgesamt fielen dem Konflikt in den vergangenen sechs Monaten mehr als 3300 Menschen zum Opfer.
Trotz der anhaltenden Scharmützel insbesondere am Flughafen vonDonezk gab es amWochenende ermutigende Signale. So berichteten die ukrainischen Streitkräfte, sie hätten die Vorbereitungen für einen Rückzug von der Frontlinie getroffen, wie er zwischen den Konfliktparteien vereinbartworden war. Die selbsterklärte Volksrepublik Donezk will mit dem Abzug beginnen, sobald die Regierungstruppen eine fünftägige Feuerpause einhielten.