Blitzkarriere der Liebe wegen Friedrich Cerha komponierte eine komische Oper mit Hitcharakter.
WIEN. Schon BillyWilder erkannte das Potenzial der Geschichte von Franz Molnár und drehte 1961 mit „Eins, zwei, drei“einen der witzigsten Filme rund um den Kalten Krieg. Dass sich auch eine komische Oper daraus machen lässt, bewies ausgerechnet Friedrich Cerha, der mit Opern wie „Baal“oder „Der Riese von Steinfeld“alles andere als humorige Opern geschaffen hat. Was die Dramen mit „Onkel Präsident“verbindet, ist die kompositorische Meisterschaft und das gesellschaftskritische Anliegen. Diesmal darf man sich allerdings herzlich amüsieren.
Der heuer 88-jährige Cerha hat das, was man wohl ungebrochene Schaffenskraft nennt. Und nach der Münchner Uraufführung im Juni 2013 stieß „Onkel Präsident“auch bei der österreichischen Erstaufführung am Samstag an der Wiener Volksoper zu Recht auf Begeisterung.
Der Komödienspezialist und Münchner Gärtnerplatz-Intendant JosefKöpplinger inszenierte mit gutem Händchen für Situationskomik, wozu das hurtige Geschehen viel Anlass bietet. Es geht ja darum, dass der Präsident eines Stahlkonzerns unter Einsatz von Macht und Korruption aus einem einfachen Burschen, einem Fahrradboten, einen repräsentativen Schwiegersohn für einen superreichen amerikanischen Geschäftspartner zaubert. Schuld daran ist dessen ka- priziöse Tochter, die sich bei „Onkel Präsident“in Deutschkenntnissen übt und sich in den Burschen mit Dreadlocks mehr als verliebt hat. Die Ereignisse überstürzen sich, der Präsident hat genau eine Stunde Zeit für die Verwandlung.
Schneider, Friseur, ein Pfarrer, die Schaffung einer Direktorenstelle und vor allem die Adelsadoption – und schon ist der Bursch ein Graf von Schrullenhuf-Wullersdorf. Im coolen Büro (Bühne Josef Leiacker) sprüht rund um den Präsidenten alles vor Energie und Wahnsinn. Der Text von Peter Wolf und Friedrich Cerha gibt dem Komponisten wiederum die Möglichkeit, nicht nur seine ureigene Tonsprache zu verwenden. Es ist ein Suchrätsel für Feinspitze, mit musikalischen und literarischen Zitaten, ohne dass es „zusammengeklaut“wirkt. Alles ist an seinem Platz, die vielen unterschiedlichen Figuren werden plastisch gezeichnet. Da fängt sogar der Hauptdarsteller mit dem Dirigenten imGraben an zu keppeln. Cerha nimmt dasKomponistendasein und die Welt der Oper total auf die Schaufel in Vorspiel und Epilog. Ja, es ist ein Vergnügen, wenn auch der Witz mitunter unserer Zeit nachhinkt.
Herausragend istRenatusMészár als Präsident, der alles im Griff hat. Julia Koci ist die bezaubernde Melody, David Sitka verwandelt sich trotzWiderstand in den braven Karrieristen, alles Personal ist herrlich grotesk und gut bei Stimme. Alfred Eschwé ist der „multifunktionale“Dirigent, er hat auch das VolksoperOrchester bestens im Griff. Dass Cerhas letzte Takte nichtmit einem Tusch endeten, sondern in Melancholie umschwenkten, war so berührend, dass man versucht war, noch kurz zu schweigen, wären da nicht die „Bravo“-Schnellschützen lautstark aktiv geworden.