Die Kunst des Zusammenraufens
Unterschiedlicher könnten sie nicht sein und doch gründen sie eine Wohngemeinschaft, denn „Zusammen ist man weniger allein“.
SALZBURG. Der stotternde Philibert wirkt unsicher. „Bist du ein Märchenprinz, Philibert? Wartet deine Kutsche unten auf uns?“, fragt Camille. Als Märchenprinz würde sich Philibert wohl eher nicht bezeichnen. Was er jedoch weiß – er muss dieser jungen Frau helfen. Denn Camille hat sich eine schwere Grippe zugezogen. In ihrer winzigen Mansardenwohnung kann er sie nicht lassen, so beschließt er, Camille zu sich in seineWohnung sechs Stockwerke tiefer zu bringen. Für das Publikum ein lustiges Unterfangen: Philibert wirft sich Camille über die Schulter, knöpft sein Sakko wieder zu – das muss bei einem Aristokratensohn schließlich richtig sitzen – und klettert mit ihr die etwas wackligen Stufen hinab.
Von da an geraten Menschen in einer Wohnung mitten in Paris aneinander, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben. Und doch vereint sie eines: die Einsamkeit. Mitbewohner Franck, einDraufgänger und leidenschaftlicher Koch, reagiert auf die „Tussi“, die sein Freund angeschleppt hat, gereizt. Philibert erweist sich hingegen als wahrer Freund: Er kümmert sich um die kranke Camille, liest ihr vor und pflegt sie gesund.
Als die Wohngemeinschaft auch noch Francks leicht demente Großmutter Paulette, die sich strikt weigert, in ein Altersheim zu gehen, zu sich nimmt, wird das Zusammenleben noch turbulenter. Und doch raufen sich die ungleichen Charaktere zusammen. Franck (Armin Köstler) und Camille (Katharina Elisabeth Kram) entdecken Gefühle füreinander, Philibert erfüllt sich seinen Traum, am Theater zu spielen.
Als Paulette stirbt, droht das kurze Glück derWohngemeinschaft zu zerbrechen. Philibert gibt die Wohnungsauflösung bekannt, während Franck ein Jobangebot aus England annehmen will. Ob Camille ihre Arbeit als Putzhilfe aufgibt, um sich ihrem Talent, der Malerei, zu widmen bleibt offen. Der Erfolgsroman „Zusammen ist man weniger allein“von Anna Gavalda wurde von Anna Bechstein für die Bühne adaptiert. Keine leichte Aufgabe, spielt das Stück doch an verschiedenen Orten. Bühnenbildner Karl-Heinz Steck gelingt es jedoch mit einer Simultanbühne, durch verschiedene Bühnenelemente und spezifische Beleuchtungen Räume zu separieren.
Die österreichische Erstaufführung in der Bühne 24 imSalzburger Marionettentheater, die am Freitagabend Premiere feierte, regt durchaus zum Nachdenken an. Getragen wird das teils sehr lustige, vor allem aber auch sensible Großstadtmärchen unter der Regie von Astrid Großgasteiger von einem Schauspielensemble, das seine Rollen mit viel Einfühlsamkeit spielt. Vor allem Gregor Weisgerber, der den trotz oder vor allem wegen seiner Unsicherheit charmanten Philibert spielt, schließt man sofort ins Herz. Ebenso wie Barbara Kreisler-Peters als entzückende Paulette.
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