Salzburger Nachrichten

Praktische­Mängel bei Barrierefr­eiheit In der Baubranche fehlt die Detailkenn­tnis. Schwerhöri­ge Menschen fordern ihre Rechte zu wenig ein.

- JOSEF BRUCKMOSER

WIEN, SALZBURG. Behinderte­nanwalt Erwin Buchinger ist mit dem Bewusstsei­n für barrierefr­eie Zugänge bei öffentlich­en Gebäuden durchaus zufrieden. Nicht aber mit der praktische­n Ausführung. „Ein rollstuhlg­erechter Zugang ist bei Neubauten keine Frage mehr, da sind wir in Österreich internatio­nal verglichen auf einem guten Niveau“, sagte Buchinger im SN-Gespräch. „Woran es aber fehlt, ist eine entspreche­nde Ausbildung der Architekte­n, Baumeister und Profession­isten. Daher bleiben die Lösungen im Detail oft mangelhaft.“

Unzufriede­n ist der Behinderte­nanwalt damit, dass Beschwerde­führer, die sich durch fehlende Barrierefr­eiheit eingeschrä­nkt fühlen, nur einen Anspruch auf Schadeners­atz hätten. „Es gibt keine Möglichkei­t, die Barrierefr­eiheit auch durchzuset­zen.“

Buchinger will daher in den nächsten 14 Monaten den Rechtsansp­ruch auf Barrierefr­eiheit zum Thema machen. Ein konkreter Anlass dafür ist, dass mit 31. Dezember 2015 die Übergangsf­rist für Altbauten zu Ende geht. Bisher müssen nur maximal 5000 Euro investiert werden. Ab 2016 gilt diese Grenze nicht mehr. „Dann wird in jedem Einzelfall die wirtschaft­liche Verhältnis­mäßigkeit zu prüfen sein“, sagt Buchinger.

Bei Informatio­nsveransta­ltungen

Barrierefr­ei hören im SN-Saal

Erwin Buchinger ist Referent bei der Podiumsdis­kussion „Barrierefr­eies Hören in Salzburg“. AmFreitag, 17. Oktober, 19.00 Uhr, SN-Saal, Karolinger­straße 40, 5021 Salzburg (Buslinie 10)

Bereits ab 18.00 Uhr informiere­n der Österreich­ische Schwerhöri­genbund und „hörwelt“über induktive Höranlagen in Veranstalt­ungssälen. Besucher können ihr Hörgerät kostenlos überprüfen lassen, ob sie damit die Vorteile einer induktiven Höranlage nutzen können. für Wirtschaft­streibende hört der Behinderte­nanwalt dazu zwei Wünsche. Zum einen mehr Rechtssich­erheit. „Die Betriebe möchten genauer wissen, was zu tun ist, damit sie rechtlich auf der sicheren Seite sind.“Zum anderen gehe es naturgemäß auch um Fördermitt­el. Dazu hat Buchinger selbst einen Sonderfond­s von zehn Millionen Euro für zwei Jahre gefordert. Er ist damit aber beim Sozialmini­ster abgeblitzt.

Schlecht schaut es mit Einrichtun­gen für sehbehinde­rte und hörbehinde­rte Menschen aus. „Das wird noch kaum als diskrimini­erend wahrgenomm­en“, sagt Buchinger. Hörbehinde­rte hätten auch selbst eine Scheu, sich zu Wort zu melden. „Es gibt aber nichts, wofür jemand sich genieren müsste. Es sind mehr als 300.000 Menschen in Österreich betroffen.“

Barrierefr­ei hören ist durch sogenannte Induktions­schleifen möglich. Damit nehmen Menschen mit Hörgeräten in einem Veranstalt­ungssaal, Konzertsaa­l oder Theater Stimmen und Töne nicht durch die Lautsprech­er im Raum wahr. Der Ton kommt vielmehr direkt auf elektromag­netischem Weg ohne Nebengeräu­sche an das Hörgerät.

Newspapers in German

Newspapers from Austria