„Das sind einfach gute Jungs“
Alexander Diess, Co-Trainer der ÖSV-Superadler, über seine neue Rolle im Team, seine lebensbedrohliche Verletzung und warum er seine eigenen Skisprung-Latten ins Eck gestellt hat.
Auch ohne Schnee und Eis war Skispringen während der Sommerpause ein brandheißes Thema – erst durch den Trainerwechsel (Heinz Kuttin löste den langjährigen ÖSV-Coach Alexander Pointner ab) und zuletzt durch das Karriereende des dreifachen Olympiasiegers Thomas
Alexander Diess Morgenstern. Alexander Diess, Co-Trainer im Österreichischen Skiverband, hat das alles aus nächster Nähe miterlebt. Was sich der Betreuer im SpringerStützpunkt Salzburg für den bevorstehenden Winter erwartet und wie sich seine Rolle im Team unter Cheftrainer Kuttin verändert hat, erzählt er im Interview mit „Sport amMontag“.
SN: Diess: Ich bin nach wie vor Co-Trainer im Skiverband, allerdings nicht mehr wie unter Alex Pointner der erste, sondern der dritte. Der Swider (Anm.: Andreas Widhölzl) und Harry Rodlauer werden unseren neuen Cheftrainer Heinz Kuttin in Zukunft bei den Weltcupbewerben vor Ort unterstützen, ich kann mich dadurch verstärkt um TrainingssteuerungundLeistungsdiagnostikkümmern. Das taugt mir, denn das ist eigentlich mein Steckenpferd. Ich soll auch die Schnittstelle zu den Skisprung-Damen und zu den Kombinierern werden. Wir haben uns bereits beschnuppert, ich freue mich auf diese Zusammenarbeit.
SN: Wir sind jetzt noch vernetzter, als wir das ohnehin schon waren. Und wir arbeiten wieder mehr im Team. Dem Heinz war dieser Punkt extrem wichtig. Ihm geht es um ein Gemeinschaftsgefühl, um den Spirit innerhalb der Mannschaft.
SN:
Das ist doch überall so, dass sich mit der Zeit gewisse Dinge abnützen, selbstwenn man sehr erfolgreich ist. Es war Zeit für etwas Neues. Der frische Wind ist sicher gut, das schafft ganz neue Möglichkeiten und ist ein spannender Prozess. Allerdings muss ich auch sagen: Über die Art und Weise, wie der Wechsel an der Spitze abgelaufen ist, darüber war ich nicht so erfreut. Ich habe das aber gar nicht direkt mitbekommen, weil ich zu dieser Zeit im Krankenhaus lag.
SN: Die Verletzung hat mich sehr geprägt. Es hat mir gezeigt, wie vergänglich alles ist. Man steigt auf ein Glasdach und eine Sekunde später kämpft man ums nackte Überleben. Ich habe sehr viel Blut verloren und bin heute dankbar, dass ich überlebt habe. Die Erstversorgung war sehr gut und hat mich gerettet, auch die Operation ist gut verlaufen. Heute sind die Narben für mich ein Wegbegleiter. Sie erinnern mich daran, welche Rolle ich habe.
SN:
Die Arbeit mit den Jungs. Ich will mit ihnen gemeinsam etwas vo- ranbringen. Michi Hayböck und Stefan Kraft, mit denen ich in Salzburg hauptsächlich zu tun habe, das sind super Typen. Sie sind jung, erfolgsorientiert und sehr, sehr straight. Das sind einfach gute Jungs.
SN: Wir haben am 15. April mit der Vorbereitung auf den Winter 2014/15 begonnen. Am Anfang war das ein sechsWochen langer Leichtathletik-Block in Rif, jetzt geht es mit dem täglichen Schnellkrafttraining und mit Mattensprüngen weiter. Insgesamt ist das schon ein ausgefüllter Tag, auch wenn man in einer Schnellkraftsportart wie dem Skispringen immer wieder Regenerationszeiten braucht.
Können Sie uns auch ein paar Trainingsgeheimnisse verraten? Wer ist der Skispringer mit dem kräftigsten Absprung?
SN:
Außergewöhnlich ist sicher der Didl (Anm.: Thomas Diethart). Der hat Gummibälle in den Beinen, extrem elastische Fasern. Auf unserer Kraftmessplatte erreicht er aus dem Stand eine Sprunghöhe von 75 Zentimetern. Das ist enorm. Noch beeindruckender sind aber die Wattzahlen: Er kommt auf bis zu 55Watt.
Zum Vergleich: Welche haben Sie und ich?
SN: (lacht) Meine verrate ich besser nicht. Ein durchschnittlicher Skispringer liegt bei Mitte 40.