Hirscher feiert fulminanten Sieg mit Sektdusche
Der Salzburger gewinnt erstmals in Sölden und gleich in der Art, wie das bisher Ted Ligety vorbehalten war: mit 1,58 Sekunden Vorsprung. Der Sieg kaschiert aber ÖSV-Schwächen.
Gleich im ersten Rennen der SkiWeltcupsaison in Sölden hatMarcel Hirscher eine Machtdemonstration hingelegt: Der Salzburger gewann mit einem Vorsprung von 1,58 Sekunden auf Fritz Dopfer (GER) und Alexis Pinturault (FRA). Der Seriensieger von Sölden, der US-Amerikaner Ted Ligety, wurde nur Zehnter. Das Weltcupwochenende war für Salzburg überaus erfolgreich: Am Samstag hatte Anna Fenninger den Damen-Riesentorlauf zeitgleich mit Mikaela Shiffrin (USA) für sich entschieden.
SÖLDEN. Marcel Hirschers Nervosität war verständlich, aber letztlich unbegründet: Denn die Saison 2015 begann, wie die Saison 2014 geendet hat, nämlich mit einem Hirscher-Sieg. Damals in Lenzerheide (Slalom), diesmal in Sölden beim Riesentorlauf. Und es war nicht irgendein Sieg: Mit einem Vorsprung von 1,58 Sekunden zertrümmerte der Salzburger das Feld regelrecht, sein Dauerrivale Ted Ligety hatte nach einer ungewöhnlich verhaltenen ersten Fahrt und einem fehlerhaften zweiten Lauf auf Rang 10 bereits 3,02 Sekunden Rückstand. Im Vorjahr war es noch umgekehrt. War das schon nahe an der Perfektion? „Nein, da geht noch etwas“, meinte Hirscher kämpferisch.
Es war nicht nur eine Zeitenwende, sondern auch das Ende einer langen Wartezeit: Als letzter Österreicher gewann hier Hermann Maier im Jahr 2005.
„Mir fällt eine große Last von den Schultern“, meinte der Salzburger und sah auch entsprechend befreit aus. Doch was zwischen den Toren so spielerisch leicht wirkte, war das Resultat eines echten Kraftaktes in den letzten Wochen. Hirscher entschied sich nach den finalen Tests am Montag im Pitztal zumWechsel der Bindungsplatte samt Bindung und Hersteller. Nicht unbedingt zur Freude seines Ausrüsters Atomic, bei dem man dies eher als Kopfsache auslegt. Hirscher versuchte, das Thema klein zu halten: „Die Ski gehen super und wir haben halt etwas probiert.“
Wie auch immer, er traf bei diesen Bedingungen denNagel auf den Kopf, denn trotz der massiven Schneefälle zur Wochenmitte präsentierte sich der Hang extremeisig und das überraschte viele im Feld. „Das war kein leichtes Rennen. Es war vielleicht sogar das schwierigs- te Rennen, das ich je hatte“, meinte Hirscher, der damit die Überlegenheit des Ted Ligety in dieser Disziplin beendet hat. Auch das ein Resultat zweijähriger Kleinarbeit am Material und an der Abstimmung. „Ja, das Material ist ein Teil, aber ich bin auch körperlich besser in Form als in den letzten Jahren.“
Wie ein Sieger durfte sich auch Cheftrainer Andreas Puelacher fühlen, obwohl er in Sölden stets im Hintergrund blieb. Ein Sieg beim ersten Rennen ist immer ein Wunschresultat. Allerdings trat auch ein, was er zuvor im SN-Interview als Befürchtung dargestellt hat: „Wir dürfen uns nicht nur auf Hirscher verlassen“, meinte er, und so war es Sonntag fast: Mit Ausnahme von Benjamin Raich, der um 0,01 Sekunden seinen ersten Podestplatz in Sölden versäumt hat und beim 14. Antreten zum vierten Mal Vierter wurde, hatten die ÖSVHerren bei ihrem Heimspiel wenig zu melden. Philipp Schörghofer beendete das Rennen auf Patz 25 und setzte nahtlos an eine völlig verkorkste Vorsaison an. „So macht es keinen Spaß“, meinte er verärgert und auch Hannes Reichelt hatte nach seinemFrontaltreffer mit einemTor ganz andere Ziele im Auge: „Jetzt freue ich mich auf die langen Ski und die Abfahrten.“Raich selbst nahm sein viertes „Blech“in Sölden mit Humor. „Vielleicht ist es ein Zeichen, dass ich nächstes Jahr wiederkommen soll.“
Auch wenn sich seit Söldens Weltcup-Einstieg 1993 der Skisport grundlegend geändert hat, so hatte auch 2014 eines Bestand: Traumwetter. Glück? Ja, auch. Aber in dem Fall wurde nach dem Wintereinbruch dem Glück mit 500 Pistenarbeitern nachgeholfen – das nennt man dann wohl das Glück des Tüchtigen.