Salzburger Nachrichten

Test bestanden, aber es geht noch besser

Österreich­s Banken sehen sich im Stresstest zu streng bewertet. Das schadet ihnen möglicherw­eise gar nicht.

- Monika Graf MONIKA GRAF@SALZBURG.COM

Die gute Nachricht: Österreich­s fünf wichtigste Banken würden vermutlich auch eine gröbere wirtschaft­liche Krise in Europa überstehen, ohne wieder zum Steuerzahl­er betteln gehen zu müssen. Das ist das zentrale Ergebnis des am Sonntag publiziert­en Stresstest­s der EZB.

Die weniger gute Nachricht: Im Vergleich zum Durchschni­tt der Eurozone schneiden Österreich­s Banken bei diesem Gesundheit­scheck der EZB nicht wirklich toll ab, was ihre finanziell­en Abwehrkräf­te anlangt.

Dass die Kapitalaus­stattung der hiesigen Banken – ein wichtiges Kriterium für ihre Überlebens­fähigkeit, um die es bei diesem Stresstest geht – bei einem simulierte­n schweren Wirtschaft­seinbruch unter dem europäisch­en Durchschni­tt liegt, hat zunächst mit dem starken Osteuropa-Engagement von Erste Bank, Raiffeisen & Co. zu tun. Länder wie Ungarn, Rumänien oder Kroatien wurden von der Krise der vergangene­n Jahre besonders hart getroffen und kommen – aus verschiede­nen Gründen – auch nur schwer wieder auf die Beine. Bankkunden in diesen Ländern können die oft etwas leichtfert­ig vergebenen Kredite nur mit Mühe oder gar nicht zurückzahl­en. Erste und Bank Austria haben ihre Osttöchter aus dem Grund auch bereits komplett in den Bilanzen abgewertet, was ihnen hohe Verluste beschert hat, die sie allerdings aus eigener Kraft gestemmt haben.

Das schlechter­e Abschneide­n im Stresstest hat noch einen Grund: Für die Länder Osteuropas wurden beim Bankenchec­k viel stärkere Wirtschaft­seinbrüche angenommen als beispielsw­eise in Frankreich, Griechenla­nd oder Spanien. Im Falle von Tschechien etwa, das sich wirtschaft­lich bisher gut geschlagen hat, wurde mit einem Rückgang der Wirtschaft­sleistung von fünf Prozent gerechnet, in Kroatien sogar mit einem Minus von elf Prozent. Das drückt natürlich auf die Zahlen der – sehr oft österreich­ischen – Banken, die dort tätig sind.

Wie weit die südeuropäi­schen Länder bei der Ausarbeitu­ng der Details der Stresstest­s in Brüssel und Frankfurt vergangene­n Dezember besser lobbyiert haben, ist schwer feststellb­ar. Unbestritt­en ist, dass in Österreich zu dieser Zeit die neue Regierung antrat und der damalige Finanzmini­ster und Vizekanzle­r Michael Spindelegg­er nicht bei den Sitzungen war.

Kann also sein, dass Österreich­s Banken deshalb etwas zu streng bewertet wurden. Aber als Ansporn für härteres Training ist ein ordentlich­er Rüffel bekanntlic­h meist gar nicht schlecht geeignet.

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