Kranke zieht’s nach Österreich
Das österreichische Gesundheitssystemwirkt auf Bürger mancher EU-Länder äußerst anziehend. Äußerst mühsam ist dann auch das Eintreiben der hier entstandenen Kosten.
Ein Erkenntnis des EuropäischenGerichtshofs istWasser auf die Mühlen von Peter Wieninger. Zu den Aufgaben des Chefs der Abteilung für internationale und europäische Angelegenheiten im Hauptverband der Sozialversicherungsträger zählt es, das Geld für die medizinische Behandlung von EU-Bürgern in Österreich einzutreiben. Drei Länder zahlen äußerst lax: Rumänien, Griechenland und Portugal. Die offenen Forderungen belaufen sich derzeit auf 40,1 Millionen Euro, (über)fällig sind 19,2 Millionen Euro.
Nun urteilte der EuGH, dass ein EU-Land auch dann für die Behandlung seiner Bürger in einem anderen EU-Land bezahlen muss, „wenn das Fehlen von grundlegendem medizinischen Material verhindert, dass der Versicherte die Krankenhausbehandlung in seinem Land rechtzeitig erhält“. Anlass war der Fall einer schwer herzkranken rumänischen Staatsbürgerin, die sich in Deutschland operieren ließ. Rumänien verweigerte mit der Begründung die Kostenübernahme, die Frau hätte „in angemessener“Zeit auch im eigenen Land operiert werden können.
Österreich wartete nicht, bis ein derartiger Fall ausjudiziert war. Im vergangenen Jahr verbündete man sich mit Deutsch- land und der Schweiz, um angesichts enorm gestiegener offener Krankenhausrechnungen Druck in Brüssel zu machen sowie in Verhandlungen mit den säumigen Ländern zu treten und auf eine zumindest erträgliche Zahlungsmoral zu drängen. Das EuGH-Erkenntis sieht man als nachträgliche Bestätigung der ohnehin gültigen Rechtslage.
Am tiefsten steht Rumänien bei der österreichischen Sozialversicherung in der Kreide. Forderungen für medizinische Behandlungen in der Dimension von 31 Millionen Euro haben sich angehäuft, 14 Millionen davon sind seit mehr als eineinhalb Jahren offen. 18Monate: Das ist
„Wir geben keine Ruhe und bleiben lästig. Das wirkt auch in der Regel.“
Peter Wieninger, Hauptverband normalerweise die Zahlungsfrist innerhalb der europäischen Gesundheitssysteme. Für die Behandlung von Griechen sind Rechnungen in der Höhe von 7,1 Mill. Euro offen, 4,4 Mill. davon (über)fällig. Und bei Portugal schaut es so aus: Rechnungen in der Höhe von 1,2 Mill. Euro sind unbeglichen, davon 800.000 Euro fällig.
Mit Rumänien und Portugal wurden jüngst neue Zahlungspläne vereinbart. Laut Wieninger verpflichtete sich Rumänien, noch heuer zehn (der fälligen 14) Millionen Eu- ro zu begleichen. ImApril wird über den Rest der Außenstände in Wien verhandelt. „Mit Portugal haben wir akkordiert, dass wir die fälligen 800.000 in drei Tranchen bis Oktober 2015 bekommen, den ersten Teil heuer.“Über den Rest wird im Mai in Lissabon verhandelt. Mit SorgenkindGriechenlandmuss erst ein Plan gemacht werden, verhandelt wird imDezember in Athen.
Wie Wieninger sagt, hat Rumänien nun ein neues Sozialversicherungssystem mit einer besseren Steuerung und „dürfte in der Lage sein, zukünftig die Zahlungsfristen einzuhalten“. Auch Portugal wolle das. Bei Griechenland werde man sehen, was dieVerhandlungen ergäben. Keines der drei Länder habe ein Interesse daran, dass sich seine Bürger in einem Land mit exzellentem Gesundheitssystem wie Österreich behandeln lassen. Die Kosten hier sind ungleich höher, als sie im eigenen Landwären. Aber alle täten sich schwer, den Patientenstromins Ausland einzudämmen. Denn die meisten EU-Ausländer lassen sich über die Europäische Krankenversicherungskarte (Österreicher haben sie auf der Rückseite der E-Card) behandeln. Die wenigsten kommen bereits mit einer Kostenübernahmebescheinigung durch die eigene Krankenversicherung. Nur dann wissen die ausländischen Sozialversicherungen Bescheid, was auf sie an Kosten zukommen dürfte – und lehnen möglichst ab.
Zwischen den Treffen mit den säumigen Ländern wird laut Wieninger laufend überprüft, wie sich der Zulauf von Patienten aus Rumänien, Portugal und Griechenland entwickelt. „Und wir haben ständig Sitzungen im Rahmen des EURechnungsausschusses. Wir geben keine Ruhe und bleiben lästig. Das muss man machen. Und das wirkt auch in der Regel.“Mit allen anderen EU-Ländern funktioniere die Abrechnung perfekt, betont er. Auch Österreich zahle fristgerecht für die medizinische Behandlung seiner Bürger imAusland.