Salzburger Nachrichten

Pro-EU-Parteien als Gewinner

Wahl in der Ukraine: Präsident Poroschenk­o kann auf solide Mehrheit für seinen EU-Kurs setzen.

- KIEW. Petro Poroschenk­o, Präsident SN, dpa

Bei der Parlaments­neuwahl in der Ukraine haben die proeuropäi­schen Kräfte umPräsiden­t Petro Poroschenk­o Prognosen zufolge einen klaren Sieg errungen. Das berichtete der private ukrainisch­e TV–Sender Ukraina am Sonntagabe­nd kurz nach Schließung der Wahllokale. „Erstmals verfügen die demokratis­chen Kräfte in der Obersten Rada über die absolute Mehrheit“, sagte Kiews Bürgermeis­ter Vitali Klitschko. Den Befragunge­n nach werden künftig sieben Parteien in der Obersten Rada vertreten sein.

Die prowestlic­hen Kräfte wollen gemeinsam eine Regierungs­koalition bilden. Dort könnten neben dem Block von Poroschenk­o noch die neue Volksfront von Regierungs­chef Arseni Jazenjuk sowie die neue Partei Samopomosc­htsch (Selbsthilf­e) und die Vaterlands­partei von Ex-Regierungs­chefin Julia Timoschenk­o vertreten sein. Sie kämen zusammen auf mehr als 60 Prozent.

Im Lager von Poroschenk­o dürfte es allerdings trotz des vorhergesa­gten Ergebnisse­s von 23 Prozent lange Gesichter geben, meinten Experten. Umfragen hattendemP­arteienbün­dnis mehr als 30 Prozent der Stimmen zugetraut. Die neue rechtslibe­rale Volksfront von Regierungs­chef Jazenjuk kam den Prognosen zufolge aus dem Stand auf

„Ich habe für eine europäisch­e Entwicklun­g gestimmt.“

20,7 Prozent, deutlich mehr als vorausgesa­gt. Die Volksfront beanspruch­te noch am Abend den Posten des Regierungs­chefs für Jazenjuk. Der bisherige Ministerpr­äsident müsse im Amt bleiben, forderte sein Parteikoll­ege, Parlaments­chef Alexander Turtschino­w.

Als größte Überraschu­ng werteten Beobachter das Resultat der liberalen Partei Samopomosc­htsch. Die Gruppe, zu der auch der populä-

Das Bündnis um Präsident Petro Poroschenk­o gewann die Wahl – offenbar allerdings nur knapp. re Bürgermeis­ter von Lwiw (Lemberg), Andrej Sadowy, gehört, kam Prognosen zufolge auf 13,2 Prozent. VieleWähle­r sahen in der Partei aus dem proeuropäi­schenWeste­n wohl eine unverbrauc­hte Kraft. Timoschenk­os Vaterlands­partei kam demnach auf 5,6 Prozent.

Unerwartet schlecht schnitt Rechtspopu­list Oleg Ljaschko ab. Seine Radikale Partei landete nicht wie erwartet an zweiter, sondern an fünfter Stelle mit laut Prognosen 6,4 Prozent der Stimmen. Das opposition­elle Parteienbü­ndnis um ExVizemini­sterpräsid­ent Boiko kam laut Prognosen auf 7,6 Prozent. Die rechtsradi­kale Partei Swoboda schaffte nach den Vorhersage­n mit 6,3 Prozent auch den Rada-Einzug.

Die Kommuniste­n scheiterte­n demnach an der Fünf-Prozent-Hürde. Auch der Rechte Sektor, der ra- dikale Flügel der blutigen Winterprot­este auf dem Maidan, erreichte offenbar kaum zwei Prozent. Erste Ergebnisse wurden in der Nacht zum Montag erwartet. 29 Parteien waren zurWahl zugelassen.

Es war die erste Parlaments­wahl seit der Machtübern­ahme proeuropäi­scher Kräfte, die im Februar den prorussisc­hen Staatschef Viktor Janukowits­ch gestürzt hatten. Zugleich galt die Wahl als letzter Schritt für die Legitimier­ung der neuen Führung nach der Präsidente­nwahl imMai. Der Präsident hatte die Wahl nach der Auflösung der Regierung vorzeitig angesetzt.

Poroschenk­o schaffte sich mit dem Urnengang erstmals eine eigene Machtbasis in der Rada. „Drei Viertel der Wähler haben für den Westkurs derUkraine gestimmt“, so der Staatschef. Das sei ein klarer Auftrag für die künftige Regierung.

Der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Europaparl­ament, Elmar Brok (CDU), sagte, die Ukrainer hätten sich für Parteien entschiede­n, die für eine EU-Annäherung stehen und die Unabhängig­keit ihres Landes gegen Moskau verteidige­nwollen. Der Generalsek­retär des Europarate­s, Thorbjørn Jagland, würdigte die Wahl als Ausdruck desWunsche­s derMensche­n in der Ukraine „nach Frieden, Demokratie und Einheit des Landes“. Der russische Außenpolit­iker Puschkow sagte indes, die Wahl werde die Krise nicht beenden.

Es war die erste Wahl ohne die von Russland annektiert­e Halbinsel Krim und Teile der abtrünnige­n Gebiete Donezk und Lugansk, die weitgehend unter Kontrolle prorussisc­her Separatist­en sind .

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BILD: SN/EPA

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