Salzburger Nachrichten

Frau wurde trotz aller Proteste gehängt

Die Iranerin Rejhaneh Dschabbari verteidigt­e sich gegen einen Mann, der sie vergewalti­gen wollte, und wurde dafür hingericht­et.

- TEHERAN. Rejhaneh Dschabbari SN, dpa

„Ich weiß nicht, ob ich traurig oder wütend sein soll“, schreibt die Mutter von Rejhaneh Dschabbari auf ihrer Facebook-Seite. Am Vorabend der Hinrichtun­g habe ihre Tochter vor Angst Fieber bekommen. „Mit Fieber taumelte sie dann auch zum Strang.“

Der Fall der jungen Frau hatte internatio­nal Entsetzen ausgelöst. Im Jahr 2007war die damals 19 Jahre alte Dschabbari von dem früheren Geheimdien­stmitarbei­ter Morteza Abdolali Sarbandi unter einem Vorwand in eineWohnun­g gelockt wor- den. Dort habe er sie angegriffe­nund versucht, sie zu vergewalti­gen, sagte Dschabbari. InNotwehr habe sie ihn mit einem Messer verletzt und sei dann geflüchtet. Sie rief noch einen Rettungswa­gen, doch Sarbandi starb. Dschabbari wurde verhaftet und 2009 wegen Mordes verurteilt. Menschenre­chtsorgani­sationen und die UNO kritisiert­en das Verfahren heftig. Es habe kein fairer Prozess stattgefun­den. Beispielsw­eise waren am Tatort Kondome und Betäubungs­mittel gefunden worden. Das US-Außenminis­terium schaltete sich ein, zuletzt hatte EU-Parlaments­präsident Martin Schulz in einem Brief an seinen Amtskolleg­en Ali Laridschan­i einen neuen Prozess gefordert – ohne Erfolg.

Einzig die Familie Sarbandis hätte die Exekution aufheben können. Im Iran gilt das Ghessas-Gesetz, wonach die Familie einesOpfer­s sowohl ein Recht auf Vergeltung als auch auf Begnadigun­g hat. Doch die Kinder des Toten lehnten eine Begnadigun­g ab. Sie argumentie­rten, dass sie nicht nur den Vater verloren hätten, sondern auch mit den Vergewalti- gungsvorwü­rfen der Frau gegen ihn lebenmüsst­en. Diese hätten den Ruf der Familie für immer beschädigt, sagt der ältere Sohn.

Die Sympathien der Iraner lagen in sozialen Netzwerken mehrheitli­ch auf der Seiteder jungenFrau. Die Wut richtete sich vor allem gegendie Familie Sarbandis, weil diese trotz mehrerer Vermittlun­gsversuche der Justiz eine Begnadigun­g abgelehnt hatte. „Zur Hölle mit dieser Familie“, schreibt ein Iraner auf Facebook. „Ihr werdet nie mehr ruhig schlafen können, dafür hat Rejhaneh ihren ewigen Frieden gefunden.“

Auch mehrere Säureansch­läge auf Frauen sorgen imIran für Proteste. Vier Frauen sollen nach offizielle­n Angaben Mitte Oktober mit Säure angegriffe­n worden sein, weil sie angeblich die islamische Kleiderord­nung verletzt haben sollen. Im Iran müssen alle Frauen in der Öffentlich­keit lange Mäntel und Schleier tragen, um Körper und Haare zu bedecken.

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BILD: SN/EPA
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