Salzburger Nachrichten

Arbeitslos­e müssen nicht zuHause bleiben

Österreich­er können in Spanien nach Arbeit suchen – und dort das Arbeitslos­engeld kassieren.

- ANGELIKA WIENERROIT­HER SALZBURG. WWW.SALZBURG.COM

Die Grünen fordern „Urlaub“für Arbeitslos­e. Nachdem man 90 Tage Leistungen des Arbeitsmar­ktservice (AMS) in Anspruch genommen hat, sollten fünf freie Tage zulässig sein. Das wären 20 Tage im Jahr. Die Leser diskutiert­en heftig auf über den Vorstoß. „Urlaub muss an Arbeitslei­stung gebunden sein“, schreibt ein User. Ein zweiter meint indes, dass der Vorschlag nicht abwegig sei: „Wenn man AMS-Geld bezieht, darf man nicht wegfahren – auch nicht, um einmal für eine Woche Verwandte zu besuchen.“

Ganz so ist es nicht. MariusWilk vom AMS Österreich erklärt, dass ein Arbeitslos­er für die Vermittlun­g zur Verfügung stehen muss. „Wenn wir eine offene Stelle haben, muss er zu einem Bewerbungs­gespräch fahren können.“Sollte der Arbeitslos­e aus Salzburg also gerade Verwandte inWien besuchen, müsse er sich in den Zug setzen. Die Kommunikat­ion mit dem AMS kann über Handy, E-Mail oder dem elektronis­chen AMS-Konto erfolgen.

Ein Auslandsur­laub für Arbeitslos­e ist bisher nicht vorgesehen. Wenn der Urlaub allerdings vor dem Jobverlust gebucht wurde, kann es eine Ausnahme geben. „Wenn das Ansuchen gut nachvollzi­ehbar ist, stimmt der Regionalbe­irat meist zu“, sagtWilk.

Wer unberechti­gt ins Ausland fährt, dem wird das Arbeitslos­engeld gestrichen. Wie lang, das entscheide­t die jeweilige Geschäftss­telle. Für das AMS muss der Arbeitssuc­hende Immer.

Heiner Sternemann vomArbeits­losenfonds der Erzdiözese sieht darin ein Problem: „DieMensche­n stehen massiv unter Druck.“Angestellt­e könnten ihre Arbeit abschließe­n, sobald sie das Büro verlassen; sie schalten einfach ihr Handy aus. Arbeitslos­e können sich nicht so einfach anderen Dingen zuwenden. „Das AMS hat etwas Unmenschli­ches. Es greift tief ins Privatlebe­n ein. Die Arbeitslos­en können sich nicht mehr regenerier­en, entspannen.“Sternemann hält deshalb den Vorschlag der Grünen für sehr wichtig: „Eine freie Woche wirkt sich positiv auf die Psyche aus.“

Wenn es keinUrlaub ist, sieht das Recht bereits jetzt einen Aufenthalt etwa in Spanien vor. Wo ein Öster-

erreichbar

sein. reicher innerhalb der EU Arbeit sucht, ist ihm überlassen. „Arbeitslos­e können ihre Entschädig­ung auch in einem anderen Land beziehen – sie müssen sich aber etwa beim spanischen AMS melden“, sagtWilk.

In Härtefälle­n, wie der Bestattung eines nahen Verwandten, kann ein Arbeitslos­er Österreich verlassen. Um sicherzuge­hen, dass er dadurch nicht sein Arbeitslos­engeld verliert, muss er vorher beim AMS ein Nachsichta­nsuchen stellen. „Jemand vom AMS entscheide­t also, ob ein Arbeitslos­er auf das Begräbnis darf: Das ist willkürlic­h“, heißt es von den Grünen. An fünf Tagen in drei Monaten sollten Arbeitslos­e selbst entscheide­n können, wohin sie sich bewegen.

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