Mehr Schutz im Netz?
Verbraucherschutz: Das neue Fernabsatzrecht sorgt für mehr Sicherheit beim virtuellen Einkaufsbummel, aber für reichlich Frust bei den Unternehmern.
Safer Shopping, also mehr Sicherheit beim Einkauf im Internet: So könnte man, stark verkürzt, die Ziele des VRUG (VerbraucherrechteRichtlinie-Umsetzungsgesetz) umschreiben. In Umsetzung einer EURichtlinie soll das Gesetz den Einkauf mit dem Rechner sicherer machen und dem Konsumenten mehr Rechte verschaffen – teils durch Änderungen im Konsumentenschutzgesetz (KSchG), wo unter anderem das Rücktrittsrecht und die Gefahrtragung neu geregelt wurden. Den Kern des neuen Verbraucherschutzes bildet aber das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG), das für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge gilt (z. B. online oder über Telefon).
Als wohl wesentlichste Neuerung gilt die Rücktrittsfrist von 14 Tagen. Demnach kann der Verbraucher künftig ohne Angabe von Gründen den Vertrag widerrufen und die Waren zurücksenden. Zu diesem Zweck hat ihn der Unternehmer über das Rücktrittsrecht umfassend, nach dem exakten Wortlaut des Gesetzestextes zu belehren und ihm ein entsprechendesWiderrufsformular zuzustellen, welches ebenfalls dem gesetzlichen Muster entsprechen muss. Kommt der Unternehmer dieser Verpflichtung nicht oder nicht ausreichend nach, verlängert sich die Rücktrittsfrist auf ein Jahr.
Darüber hinaus treffen den Unternehmer umfangreiche Informationspflichten, die unter § 4 FAGG aufgezählt werden und zu denen unter anderem der Hinweis auf das Bestehen des gesetzlichen Gewähr- leistungsrechts zählt. Auf Websites ist spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich anzugeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.
Zu beachten ist dabei, dass die Aufklärung des Kunden nachweislich vor Vertragsabschluss erfolgen muss. Auch der Bestellvorgang muss bei vielen Webshops an die neue Rechtslage angepasst werden:
Am Ende des Bestellvorgangs, also noch bevor der Verbraucher vertraglich gebunden ist, muss ihn der Unternehmer in klarer, verständlicher und hervorgehobener Weise über bestimmte Inhalte aufklären, etwa über die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder den Ge- samtpreis einschließlich aller Steuern und Abgaben.
Für Unternehmer, die mit ihrem Angebot in den Anwendungsbereich des neuen Verbraucherrechts fallen, bedeuten die Neuerungen in erster Linie Frust und Kosten, zumal neben den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vielfach auch die Homepage, der Onlineshop und der gesamte Bestellvorgang modifiziert werden müssen. Eine Anpassung ist jedoch dringend anzuraten: Bei einem Verstoß drohen Geldstrafen bis zu 1450 Euro. Im Verwaltungsstrafrecht können mehrere Verstöße kumulativ, also nebeneinander, verhängt werden.
Aber nicht nur die Strafbestimmungen im Gesetz bieten Anlass zur (Vor-)Sorge. Mittlerweile haben auch Unternehmer erkannt, dass die neuen Verbraucherbestimmungen zwar mehr Pflichten bedeuten, aber auchMöglichkeiten bieten, die Konkurrenz auszumanövrieren. Wer nämlich die neuen Informationspflichten nicht umsetzt, läuft Gefahr, sich wettbewerbswidrig zu verhalten. Vorsprung durch Rechtsbruch nennen das die Juristen – wenn sich Mitbewerber durch Rechtsverletzung einen Vorteil verschaffen.
Die Judikatur nimmt dies bereits an, wenn sich der Rechtsbrecher Kosten spart, wie etwa die Ausgaben für die Anpassung an die neue Gesetzeslage. Abmahnwellen sind die Folge, auch in Österreich, wo erste Massenschreiben bereits an Unternehmer versandt wurden.
Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) berechtigt ein derartiger Verstoß dazu, gegen den Mitbewerber mittels Unterlassungsklage vorzugehen. Ein kostspieliges Verfahren, das nur durch Abgabe einer Unterlassungserklärung und Übernahme der gegnerischen Anwaltskosten vermieden werden kann.
Allerdings ist Vorsicht geboten: Häufig sind die standardisierten Massenschreiben inhaltlich zu weit gefasst und daher unzulässig.
Auf dem Papier mag die Idee des neuen Verbraucherschutzes durchaus vielversprechend klingen. Die Praxis allerdings zeigt Gegenteiliges: All die neuen Pflichten und Auflagen helfen natürlich nichts, wenn man an einen Betrüger geraten ist!
Und gerade im Internet nehmen es die „Online-Ganoven“mit gesetzlichen Vorgaben nicht allzu genau.