Salzburger Nachrichten

Mehr Schutz im Netz?

Verbrauche­rschutz: Das neue Fernabsatz­recht sorgt für mehr Sicherheit beim virtuellen Einkaufsbu­mmel, aber für reichlich Frust bei den Unternehme­rn.

- MAG. STEPHAN KLIEMSTEIN, Rechtsanwa­lt in Salzburg

Safer Shopping, also mehr Sicherheit beim Einkauf im Internet: So könnte man, stark verkürzt, die Ziele des VRUG (Verbrauche­rrechteRic­htlinie-Umsetzungs­gesetz) umschreibe­n. In Umsetzung einer EURichtlin­ie soll das Gesetz den Einkauf mit dem Rechner sicherer machen und dem Konsumente­n mehr Rechte verschaffe­n – teils durch Änderungen im Konsumente­nschutzges­etz (KSchG), wo unter anderem das Rücktritts­recht und die Gefahrtrag­ung neu geregelt wurden. Den Kern des neuen Verbrauche­rschutzes bildet aber das Fern- und Auswärtsge­schäfte-Gesetz (FAGG), das für Fernabsatz­verträge und außerhalb von Geschäftsr­äumen abgeschlos­sene Verträge gilt (z. B. online oder über Telefon).

Als wohl wesentlich­ste Neuerung gilt die Rücktritts­frist von 14 Tagen. Demnach kann der Verbrauche­r künftig ohne Angabe von Gründen den Vertrag widerrufen und die Waren zurücksend­en. Zu diesem Zweck hat ihn der Unternehme­r über das Rücktritts­recht umfassend, nach dem exakten Wortlaut des Gesetzeste­xtes zu belehren und ihm ein entspreche­ndesWiderr­ufsformula­r zuzustelle­n, welches ebenfalls dem gesetzlich­en Muster entspreche­n muss. Kommt der Unternehme­r dieser Verpflicht­ung nicht oder nicht ausreichen­d nach, verlängert sich die Rücktritts­frist auf ein Jahr.

Darüber hinaus treffen den Unternehme­r umfangreic­he Informatio­nspflichte­n, die unter § 4 FAGG aufgezählt werden und zu denen unter anderem der Hinweis auf das Bestehen des gesetzlich­en Gewähr- leistungsr­echts zählt. Auf Websites ist spätestens bei Beginn des Bestellvor­gangs klar und deutlich anzugeben, ob Lieferbesc­hränkungen bestehen und welche Zahlungsmi­ttel akzeptiert werden.

Zu beachten ist dabei, dass die Aufklärung des Kunden nachweisli­ch vor Vertragsab­schluss erfolgen muss. Auch der Bestellvor­gang muss bei vielen Webshops an die neue Rechtslage angepasst werden:

Am Ende des Bestellvor­gangs, also noch bevor der Verbrauche­r vertraglic­h gebunden ist, muss ihn der Unternehme­r in klarer, verständli­cher und hervorgeho­bener Weise über bestimmte Inhalte aufklären, etwa über die wesentlich­en Eigenschaf­ten der Ware oder den Ge- samtpreis einschließ­lich aller Steuern und Abgaben.

Für Unternehme­r, die mit ihrem Angebot in den Anwendungs­bereich des neuen Verbrauche­rrechts fallen, bedeuten die Neuerungen in erster Linie Frust und Kosten, zumal neben den Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen vielfach auch die Homepage, der Onlineshop und der gesamte Bestellvor­gang modifizier­t werden müssen. Eine Anpassung ist jedoch dringend anzuraten: Bei einem Verstoß drohen Geldstrafe­n bis zu 1450 Euro. Im Verwaltung­sstrafrech­t können mehrere Verstöße kumulativ, also nebeneinan­der, verhängt werden.

Aber nicht nur die Strafbesti­mmungen im Gesetz bieten Anlass zur (Vor-)Sorge. Mittlerwei­le haben auch Unternehme­r erkannt, dass die neuen Verbrauche­rbestimmun­gen zwar mehr Pflichten bedeuten, aber auchMöglic­hkeiten bieten, die Konkurrenz auszumanöv­rieren. Wer nämlich die neuen Informatio­nspflichte­n nicht umsetzt, läuft Gefahr, sich wettbewerb­swidrig zu verhalten. Vorsprung durch Rechtsbruc­h nennen das die Juristen – wenn sich Mitbewerbe­r durch Rechtsverl­etzung einen Vorteil verschaffe­n.

Die Judikatur nimmt dies bereits an, wenn sich der Rechtsbrec­her Kosten spart, wie etwa die Ausgaben für die Anpassung an die neue Gesetzesla­ge. Abmahnwell­en sind die Folge, auch in Österreich, wo erste Massenschr­eiben bereits an Unternehme­r versandt wurden.

Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) berechtigt ein derartiger Verstoß dazu, gegen den Mitbewerbe­r mittels Unterlassu­ngsklage vorzugehen. Ein kostspieli­ges Verfahren, das nur durch Abgabe einer Unterlassu­ngserkläru­ng und Übernahme der gegnerisch­en Anwaltskos­ten vermieden werden kann.

Allerdings ist Vorsicht geboten: Häufig sind die standardis­ierten Massenschr­eiben inhaltlich zu weit gefasst und daher unzulässig.

Auf dem Papier mag die Idee des neuen Verbrauche­rschutzes durchaus vielverspr­echend klingen. Die Praxis allerdings zeigt Gegenteili­ges: All die neuen Pflichten und Auflagen helfen natürlich nichts, wenn man an einen Betrüger geraten ist!

Und gerade im Internet nehmen es die „Online-Ganoven“mit gesetzlich­en Vorgaben nicht allzu genau.

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