Salzburger Nachrichten

Kinderbetr­euungneu unddas Gesetz

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Sehr geehrte Damen und Herren, ist es unser Ziel, die schulische­n Ausbildung­en zu stoppen, oder liegt zurzeit keine Nachfrage an qualitativ hochwertig ausgebilde­ten Arbeitern vor?

Ansonsten ist es kaum zu erklären, auf welchen Grund ein Schließen der Tourismuss­chule zurückzufü­hren ist. Vielen wird nicht nur eine sinnvolle Lehrstätte mit Zukunftsch­ancen genommen, sondern auch die Möglichkei­t, auf eine höher bildende Schule zu gehen. Meines Wissens ist der Tourismus derzeit eine Branche mit vielen freien Arbeitsplä­tzen, jedoch anstatt diese Ausbildung zu fördern wird der unmöglichs­te Schritt, jener der Schließung, unternomme­n.

Hinzu kommt, dass dieser Standort zentral liegt und sowohl für den Pongau als auch den Tennengau leicht erreichbar ist und deshalb als unverzicht­bar gilt. Die Schließung würde bezwecken, dass vielen Schülern die Möglichkei­t auf eine Ausbildung mit Zukunftsch­ancen genommen wird. Nicht vielen stünde es offen, als Alternativ­e in eine fernere Schule mit Internat zu wechseln, da oft die finanziell­en Mittel dazu nicht mehr reichen. Hinzu kommt, dass es selbst am Wochenende unmöglich ist, mit den Öffis zu pendeln. Ich persönlich bin Schülerin der Tourismuss­chule Bischofsho­fen. Der Grund für die schwindend­e Anzahl der Hotelfachs­chulen ist eine vermehrte Anzahl der HLT mit Matura.

Sollte es wirklich am Geld mangeln, ist es unverständ­lich, dass um 1,2 Millionen Euro die Praxisbere­iche auf den neuesten Stand gebracht wurden. Dass bei den zukünftige­n Renovierun­gsplänen maßlos übertriebe­n wurde – sowohl Internat als auch Schulhaus befinden sich in absolut gutem Zustand, ohne Mängel vorzuweise­n –, dessen sollte sich jeder bewusst sein.

Stefanie Wallinger,

Ich hoffe, dass das Vorhaben, dass Gemeinden über Wohl und Weh der Kinderbetr­euung in Zukunft mehr Entscheidu­ngsmacht haben, nochmals überdacht wird. Von vielen Menschen in meiner Umgebung habe ich Bemerkensw­ertes über den Vorgang der Zustimmung der Gemeinden zur Kinderbetr­euung erfahren.

Wenn Gemeinden über Kinderbetr­euung entscheide­n, kann man in einigen davon sein blaues Wunder erleben. Beginnend mit Fragen wie: „Können denn nicht auch die Großeltern oder die Nachbarn aufpassen?“oder „Ist das Kind nicht zu jung?“, „Können Sie nicht zu Hause bleiben?“, „Verändern Sie doch die Arbeitszei­t“oder „Stimmt denn die angegebene Arbeitszei­t auch wirklich?“bis zu der Tatsache, dass Gemeinden bei diversen Arbeitgebe­rn anrufen, ob denn die Frau wirklich die angegebene Arbeitszei­t habe.

Ein unverhältn­ismäßig intimer Einblick in persönlich­e Angelegenh­eiten der Bürger wird vonseiten der Gemeinde in selbstvers­tändlicher Art und Weise vorgenomme­n: Äußerungen, die jeglicher Qualifikat­ion entbehren. Wertungen, meist Abwertunge­n in Bezug auf das Leben der einzelnen Bürger werden vorgenomme­n (ob Menschen faul wären, betrögen etc.). Darüber hinaus ist es manchmal notwendig, einen Seelenstri­p vorzunehme­n, um sein Kind in Betreuung geben zu dürfen. Überforder­ungen, Erkrankung­en müssen bekannt gegeben, Arztbestät­igungen beigelegt werden. Und das alles in Gemeinden, in denen fast jeder jeden kennt.

Kinder aus sozial schwachen Schichten, deren Eltern möglicherw­eise auch erwerbslos sind, müssen auf die Einsicht der Gemeinde hoffen. Das Erlernen verschiede­ner sozialer und kulturelle­r Verhaltens­weisen wie auch der Spracherwe­rb in frühen Jahren würde so manchem Kind Frustratio­n und Chancenlos­igkeit in späteren Lebensabsc­hnitten ersparen.

Der pädagogisc­he Aspekt: Die Bildungsch­ancen werden kaum wahrgenomm­en, diese sind absolut nachrangig in der Zustimmung der Gemeinden zur Betreuung der Kinder. Wie wichtig es ist, schon in jungen Jahren Kindern eine breite Palette von Erfahrunge­n innerhalb eines kleinen, liebevolle­n Betreuungs­rahmens durch eine konstante Betreuungs­person zu ermögliche­n, ist hinlänglic­h bekannt. Dies kann in vielen wissenscha­ftlichen Arbeiten nachgelese­n werden.

Gott sei Dank verhalten sich nicht alle Gemeinden wie oben beschriebe­n. Es gibt einige, die sich als Dienstleis­ter an ihrer Gemeinde sehen, das Wohl der Familien wirklich in den Vordergrun­d stellen, und keine Seelenentb­lößungen und Unterwerfu­ngsrituale ihrer Mitbürger einfordern.

Daher der Appell an die Gemeindeve­rantwortli­chen, ihre Tätigkeit als Dienstleis­ter zu verstehen, Respekt den Menschen in ihrer Gemeinde wie auch eine wertfreier­e Haltung den verschiede­nen Lebensmode­llen entgegenzu­bringen. Es kann nicht sein, dass Gemeinden den Mitbürgern ein restriktiv­es veraltetes Weltbild aufdrängen. DSA Regina Weiler, 5020 Salzburg

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