Berater profitierten am meisten vomStresstest
Während die einen sich über ein vermeintlich stabiles Bankensystem in Europa freuen, kritisieren andere die Testkriterien als zu weich.
25 der 130 größten Banken Europas sind bei einem simulierten Krisenszenario über drei Jahre durchgefallen. Sie müssen – sofern noch nicht geschehen – binnen zwei Wochen Pläne vorlegen, wie sie in den nächsten Monaten ihr Eigenkapital stärken können, sonst droht ihnen die Schließung. In Österreich haben fünf von sechs Banken bestanden.
1.
Wie ist das Gesamtergebnis zu beurteilen?
Während die Banken stolz darauf hinweisen, um wie viel sie die vorgeschriebene Untergrenze bei den Eigenmitteln (8,0 Prozent unter Normalbedingungen, 5,5 Prozent in einem simulierten Stress-Szenario) überschritten haben, sehen das neutrale Beobachter kritischer. Bankenexperte Franz Hahn vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sagt, die Banken hätten nur „ein mehr als bescheidenes Testziel erreicht“. Daher hätten selbst Wackelkandidaten bestanden. Hahn vergleicht den Test mit einem „Gesundheitscheck, bei dem ein Blutdruck unter 160/120 als Idealwert gilt“, damit habe man die Latte sehr tief angesetzt. In die gleiche Kerbe schlägt das kritischeNetzwerk Attac, das die Anforderungen als „viel zu niedrig“einstuft. Schon die volle Anwendung der ab 2018 gültigen Kapitalanforderungen von Basel III hätte 34 statt 25 Banken durchfallen lassen, darunter auch die Bawag/P.S.K. und RZB (Raiffeisen Zentralbank). Bankenverbands-Vorsitzender Willibald Cernko würde eine Gesamtnote von „zwei bis drei oder drei“vergeben.
2.
Gibt es jetzt mehr Bankenzusammenschlüsse?
Manche würden das hoffen, denn Europa hat noch immer vergleichsweise viele Banken, und der scharfe Wettbewerb drückt auf die Erträge. PhilippWackerbeck vomUnternehmensberater strategy& (vormals Booz & Company, eine Tochter von PricewaterhouseCoopers) warnt
3.
„Schulnote zwei bis drei, nicht mehr.“
aber davor, Bankenfusionen als Allheilmittel zu sehen. Das helfe zwar, Kosten zu sparen, bringe aber keine neuen Erträge. Mit anderenWorten: „Zwei Fußkranke zusammen sind noch keine Sprintstaffel.“
Wie liegen die österreichischen Banken im internationalen Vergleich?
Auf den ersten Blick nicht schlecht. Das Scheitern des VolksbankenSpitzeninstitutsÖVAGwar erwartet worden, zudem hat sie bereits die eigene Zerschlagung angekündigt und eingeleitet. Allerdings erzielt Österreich bei der Beurteilung der Kreditportfolios („Asset Quality Review“, AQR) das viertschwächste Ergebnis aller Länder. Dieser Faktor drückt das Eigenkapital der AustroBanken um 8,1 Prozent – der EU- Durchschnitt liegt bei drei Prozent. Wifo-Experte Franz Hahn sieht den Grund in den starken Aktivitäten in Mittel-/Osteuropa, wo traditionell „optimistisch bilanziert“werde. Die Banken sollten den Test als „Schuss vor den Bug“verstehen, rät er.
4.
Wasmüssen die Banken jetzt konkret tun?
Vor allem zusätzliches Eigenkapital aufbauen, sagt Wifo-Experte Franz Hahn. „Ziel muss sein, möglichst hoch über das regulatorische Minimum zu kommen.“Hahn verweist auf deutlich höhere Eigenkapitalanforderungen in der Schweiz.
5.
Wie haben die Märkte auf die Ergebnisse reagiert?
Unterschiedlich. In Deutschland und Österreich herrschte zunächst Erleichterung über den Ausgang, einzelne Bankenaktien wie die Erste oder die RBI inWien legten deutlich zu. Anders in Italien, wo gleich neun Banken den Test nicht bestanden haben. An der Börse Mailand stürzten die Aktien der BancaMonte dei Paschi di Siena (MPS) und der Banca Carige am Montag um 15 beziehungsweise um 18 Prozent ab. Die Papiere wurden zeitweise vom Börsenhandel ausgesetzt. Andere italienische Bankaktien stiegen im Wert, sogar solche, die ebenfalls durchfielen.
6.
Wer profitiert ammeisten vom Stresstest?
Der Berater strategy& schätzt die Gesamtkosten auf 700 Mill. bis eine Milliarde Euro – ohne bankinterne Kosten. DerGroßteil davon fließt an die großen Wirtschaftsprüfer und Beratungsunternehmen.