Drei Autos pro Formel-1-Team
Formel 1 in der Krise: Das Titelduell zwischen Hamilton und Rosberg wird vor dem GP der USA von Finanzproblemen kleinerer Teams überschattet.
Die Pleiten der Rennställe Caterham und Marussia lassen das Formel-1-Starterfeld für den Großen Preis der USA am Sonntag auf 18 Autos schrumpfen. Für 2015 müssten sich alle Beteiligten etwas überlegen, meint Niki Lauda im SN-Gespräch. Er plädiert zum Beispiel für drei Autos bei Teams, die „das wollen und es können“.
AUSTIN, SALZBURG. Es wird eng in der Formel 1 für die finanzschwächeren Teams. Binnen knapp zwei Jahren schrumpfte das Startfeld von 24 auf 18 Autos. Der spanische HRT-Rennstall sperrte schon Ende 2012 zu. Am kommenden Sonntag beim Großen Preis derUSA(Start 21 Uhr MEZ), dem drittletzten Lauf der Saison, werden Marussia und Caterham fehlen. Beide Teams schlitterten in die Insolvenz und suchen hektisch neue Investoren. Ob sie heuer noch ein Rennen bestreiten können, ist fraglich.
Somit steht gegen Ende der Saison, die schon mit zahlreichen Debatten über das neue technische Reglement unglücklich begonnen hatte, nicht nur der Quasi-Zweikampf um den Titel zwischen den Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg im Mittelpunkt. Die Chancen des Red-Bull-Aufsteigers Daniel Ricciardo bestehen nur noch theoretisch. In der Formel 1 macht sich ein Begriff breit, der lang in diesemMetier tabu war: Krise.
Am schlimmsten erwischte es Marussia, das aus Virgin Racing hervorgegangene Team. Zunächst erschütterten zwei schwere Unfälle den Rennstall. Im Oktober 2013 starb die spanische Pilotin María de Villota mehr als ein Jahr nach einem Testunfall in einem Marussia. Heuer verunglückte Stammfahrer Jules Bianchi in Japan schwer. Ob der Franzose überlebt, wagt niemand zu prophezeien. Beim Großen Preis von Monaco hatte Bianchi als Neunter erstmals WM-Punkte für das Marussia-Team erobert. In Russland verzichtete das Team aus Respekt vor Bianchi auf einen Ersatzpiloten. Jetzt ist der Rennbetrieb vorerst einmal eingestellt. Max Chilton steht ebenso wie die Caterham-Vertragsfahrer Marcus Ericsson und Kamui Kobayashi ohne Auto da. Da in der Formel 1 die Gelder nach den Ergebnissen einer Saison nach einem genauen Schlüssel verteilt werden, könnte es bald
„Teams mit drei Autos? Warumnicht.“
Niki Lauda
weitere Pleiten geben. Das Team Sauber steht noch mit null Punkten da, Lotus hält bei acht Zählern.
„Dass kleine Teams in Zahlungsschwierigkeiten geraten, hat es immer schon gegeben. Das ist in der Formel 1 nichts Neues. Je nach Investor kommen die Teams, gehen die Teams. Aber das ist ja keine Basis für eine Formel 1“, sagte Niki Lauda, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Mercedes Motorsport, am Dienstag den SN, „deshalb hat der Bernie (Ecclestone, Anm.) diesen Schlüssel zur Verteilung des Geldes gemacht.“Ecclestones Ansicht lautet: „Wer sich die Formel 1 nicht leisten kann, sollte nicht in diesem Geschäft sein.“Sollte die Zahl der teilnehmenden Autos sich dauerhaft bei unter zwanzig einpendeln, plädiert Ecclestone für drei Einsatzautos bei reicheren Teams.
Lauda kann dieser Idee einiges abgewinnen. „Es existiert ein Vertrag aus dem Vorjahr, dass bei einer Reduktion des Feldes die Teams Red Bull, Ferrari und McLaren bei Bedarf einspringen sollen. Nur hat niemand damit gerechnet, dass dieser Fall so rasch eintreten könnte. Jetzt müssen sich das alle über den Winter genau anschauen. Da muss einiges ausdiskutiert werden. “
Lauda wäre eine Variante am liebsten, wonach jene Teams, die es wollen und die es sich leisten können, drei Autos pro Saison einsetzen. Denkbarwäre für ihn, dass ausschließlich Neulinge in den dritten Autos Erfahrung sammeln können. WM-Punkte für die Teamwertung dürften keine vergeben werden, weil das ungerecht gegenüber den Zwei-Wagen-Teams wäre. Lauda: „Das dritteAuto könnte man positiv sehen. Wichtig ist allerdings, dass keinem TeamNachteile entstehen.“
Kritik kam am Dienstag vom früheren Chef des Automobil-Weltverbandes MaxMosley. „Es ist kein fairerWettbewerb mehr“, sagte der 74Jährige in einem Interview bei BBC Radio 5. „Das große Problem ist, dass die großen Teams so viel mehr Geld haben als Teams wie Caterham und Marussia.“Mosley war als Präsident bei seinem Vorstoß für eine Budgetobergrenze gescheitert.
Für den Grand Prix der USA erwartet Lauda einen furiosen Angriff von Nico Rosberg. „Er wird alles daransetzen, die Serie der vier Siege von Lewis (Hamilton, Anm.) zu brechen. Da es immer klarer wird, dass nur die beiden für den Titel infrage kommen, wird es auch in São Paulo so weitergehen. Die Entscheidung fällt aber sicher erst in Abu Dhabi.“
Beim Saisonfinale gibt es zum ersten Mal in der GP-Geschichte doppelte WM-Punkte. Dem Sieger winken inflationäre 50 Zähler. Zum Vergleich: Jochen Rindt, der seinen Titel nicht mehr erlebte, wurde in der Saison 1970 nach dem alten 9-64-3-2-1-Schüssel mit 45 Punkten Weltmeister. Es gab 13 Saisonrennen, heuer sind es 19.
Niki Lauda, der nicht gern in die Vergangenheit blickt, erinnerte sich in diesem Monat mit Hochstimmung an früher. Mit dem zweiten Platz beim GP von Portugal vor dreißig Jahren gewann er seinen dritten WM-Titel. „Mit einem halben Punkt Vorsprung! Das war wirklich eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben.“Sieger des Rennens und WM-Zweiter: Alain Prost. Dritter wurde ein noch kaum bekannter Fahrer namens Ayrton Senna.