Salzburger Nachrichten

„Es ist im Islam verboten .

Eine Fatwa von mehr als 120 orthodoxen sunnitisch­en Imamen und Gelehrten aus der ganzen Welt liest den Anhängern des „Islamische­n Staates“die Leviten.

- SALZBURG.

Mehr als 120 islamische Gelehrte und Theologen haben auf das Vorgehen des selbst ernannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi und des „Islamische­n Staates“(IS) reagiert. Sie unterzeich­neten eine Fatwa, ein Rechtsguta­chten, in dem alBaghdadi und seine Ideologie auf das Schärfste verurteilt werden.

Die Unterzeich­ner zählen zur sunnitisch­en Orthodoxie. Unter ihnen finden sich zahlreiche Vertreter aus Ägypten, darunter Großmufti Scheich Shawqi Allam sowie hochrangig­e Gelehrte der renommiert­en Al-Azhar-Universitä­t, der Mufti für Jerusalem und Palästina, ferner Imame und Theologen unter anderem aus den Arabischen Emiraten, Tunesien, Marokko, Tschad, Indonesien, Indien, Pakistan, dem Irak und dem Sudan sowie Theologen und Gelehrte aus der westlichen Welt. Aus Saudi-Arabien findet sich nur ein Unterzeich­ner der Fatwa.

Das Dokument setzt sich intensiv und detaillier­t mit der Islam-Interpreta­tion des IS auseinande­r.

Es stützt sich vollständi­g aufAussage­n und Handlungen der Anhänger des IS und ist in Arabisch verfasst.

Es gibt eine Zusammenfa­ssung in 24 Thesen, die wir im Folgenden veröffentl­ichen. Dazu stellen wir einige Passagen aus der Fatwa selbst.

Die Übersetzun­g stammt vom Verein für islamische Bildung und interkultu­rellen Dialog.

Der gesamte Text ist unter madrasah.de zu lesen. „An Dr. Ibrahim Awwad al-Badri alias ,Abu Bakr al-Baghdadi‘. An die Kämpfer und Anhänger des selbst ernannten ,Islamische­n Staates‘.

27. September 2014

1.

Es ist im Islam verboten, ohne die dafür jeweils notwendige Bildung und Kenntnis zu haben, Fatwas (Rechtsurte­ile) zu sprechen. Sogar diese Fatwasmüss­en der islamische­n Rechtstheo­rie, wie sie in den klassische­n Texten dargelegt wurde, folgen.

Es ist ebenfalls verboten, einen Teil aus dem Koran oder eines Verses zu zitieren, ohne auf den gesamten Rest zu achten, was der Koran und die Hadithe über diese Angelegenh­eit lehren. Mit anderenWor­ten

„Gott sagt: ,Duübst nicht die Oberherrsc­haft über sie aus‘ (alĠasiyah, 88:22) und: ,Es gibt keinen Zwang im Glauben‘ (al-Baqarah, 2:256) und: ,Und wenn deinHerr wollte, würden fürwahr alle auf der Erde zusammen gläubig werden. Willst du etwa dieMensche­n dazu zwingen, gläubig zu werden?‘ (Yunus, 10:99) und: ,Wer nun will, der soll glauben, und wer will, der soll ungläubig sein.‘ (al-Kahf, 18:29) und: ,Euch eure Religion und mir meine Religion.‘ (al-Kāfirūn, 109:6).

Es ist bekannt, dass der Vers ,Es gibt keinen Zwang im Glauben‘ nach der EroberungM­ekkas

gibt es strikt subjektive und objektive Vorbedingu­ngen für Fatwas. Bei der Sprechung einer Fatwa, unter Verwendung des Korans, können nicht ,die Rosinen unter den Versen herausgepi­ckt‘ werden, ohne Berücksich­tigung des gesamten Korans und der Hadithe.

2.

Es ist im Islam vollkommen verboten, Recht zu sprechen, wenn die arabische Sprache nicht gemeistert wurde.

3.

Es ist im Islam verboten, Scharia-Angelegenh­eiten zu stark zu vereinfach­en und festgelegt­e islamische Wissenscha­ften zu missachten.

4.

Es ist imIslam (den Gelehrten) gestattet, Meinungsve­rschiedenh­eiten über bestimmte Angelegenh­eiten zu haben, außer in all jenen, welche als die Fundamente der Religion gelten, die allen Muslimen bekannt seinmüssen.

5.

Es ist im Islam verboten, bei der Rechtsprec­hung die Wirklichke­it der Gegenwart zu missachten.

Zitiert: Was die Fatwa zu Zwang und Nötigung sagt

offenbart wurde. Ihr habtMensch­en zur Annahme des Islams gezwungen, wie ihr auchMuslim­e zur Annahme eurer Ansichten gezwungen habt. Ihr habt jeden unter eurer Herrschaft Lebenden in allen Angelegenh­eiten, ob kleine oder große, sogar in jenen, in denen niemand zwischen demIndivid­uum und Gott steht, gezwungen. In al-Raqqa, Dir al-Zuru und anderenOrt­en unter eurer Herrschaft patrouilli­eren bewaffnete Truppen, die sich selbst alHisbah nennen, und befehlenMe­nschen Aufgaben, als wären sie von Gott erwählt, Seine Befehle durchzuset­zen . . . es ist Zwang, Überfall und konstante, wahllose Einschücht­erung.“ 6. 7.

Es ist im Islam verboten, Unschuldig­e zu töten. Es ist im Islam verboten, Sendboten, Botschafte­r und Diplomaten zu töten; somit ist es auch verboten, Journalist­en und Entwicklun­gshelfer zu töten.

8.

Dschihad ist im Islam ein Verteidigu­ngskrieg. Er ist ohne die rechten Gründe, die rechten Ziele und ohne das rechte Benehmen verboten.

9.

Es ist im Islam verboten, Menschen als Nichtmusli­me zu bezeichnen, außer sie haben offenkundi­g den Unglauben kundgetan.

10.

Es ist im Islam verboten, Christen und allen „Schriftbes­itzern“– in jeder erdenklich­en Art – zu schaden oder sie zu missbrauch­en.

11.

ten.

12.

Es ist eine Pflicht, die Jesiden als Schriftbes­itzer zu erach- Die Wiedereinf­ührung der Sklaverei ist im Islam verbo- ten. Sie wurde durch universell­en Konsens aufgehoben.

13.

Es ist im Islam verboten, die Menschen zur Konvertier­ung zu zwingen.

14. 15.

Es ist im Islam verboten, Frauen ihre Rechte zu verwehren. Es ist im Islam verboten, Kindern ihre Rechte zu verwehren.

16.

Es ist im Islam verboten, rechtliche Bestrafung­en sowie Körperstra­fen ohne das korrekte Prozedere, welches Gerechtigk­eit und Barmherzig­keit versichert, auszuführe­n.

17. 18. 19.

Es ist im Islam verboten, Menschen zu foltern. Es ist im Islam verboten, Tote zu entstellen. Es ist im Islam verboten, Gott – erhaben und makellos ist Er – böse Taten zuzuschrei­ben.

„Grund für den Dschihad ist das Kämpfen derMuslime gegen jene, die gegen sie kämpfen. Weder ist es das Kämpfen gegen friedlichG­esinnte noch gegen jene, die nicht gegen sie vorgegange­n sind. GottesWort­e lauten: ,Erlaubnis zum Kampf ist denjenigen gegeben, die bekämpft werden, weil ihnen Unrecht zugefügt wurde . . . nur weil sie sagen: Unser Herr ist Allah. Und wenn Allah nicht die einen Menschen durch die anderen abgewehrt hätte, so wären fürwahr Bethäuser und Gebetsstät­ten zerstört worden, in denen Allahs Name häufig genannt wird.‘ (al-Hagg 22:39–40). Daher ist der 20. 21.

Es ist imIslam verboten, die Gräber und Gedenkstät­ten der Propheten zu zerstören. Bewaffnete­r Aufstand ist im Islam in jeglicher Hinsicht verboten, außer bei offenkundi­gem Unglauben des Herrschers und bei Verbot des Gebets.

22.

Es ist im Islam verboten, ohne den Konsens aller Muslime ein Kalifat zu behaupten.

23. 24.

Loyalität zur eigenen Nation ist imIslamges­tattet. Nach dem Tod des Propheten – Frieden und Segen seien auf ihm – verpflicht­et der Islam niemanden, irgendwohi­n auszuwande­rn. Im Namen Gottes, des Allbarmher­zigen, des Allgütigen. Preis sei Gott, dem Herrn der Welten. Frieden und Segen seien auf dem Siegel der Propheten und Gesandten.“

O-Ton Wann der Dschihad erlaubt ist

strick

Dschihad an das Fehlen von Sicherheit, den Raub der Religionsf­reiheit oder den Betrug sowie das Vertreiben aus dem Land geknüpft. Diese Verse wurden offenbart, nachdem der Prophet –Frieden und Segen seien auf ihm – und seine Gefährten 13 Jahre lang Folter, Mord und Verfolgung durch die Götzendien­er ausgesetzt waren. Sogibt es keinen offensiven und aggressive­n Dschihad, nur weilMensch­en einer anderen Religion angehören oder eine andereMein­ung vertreten. Dies ist Ansicht des ImamAbuHan­ifah, des ImamMalik . . . und all der anderen Gelehrten, Ibn Taymīyah eingeschlo­ssen, mit Ausnahme einiger der safitische­n Schule.“

 ?? BILD: SN/AP ?? Der Islam rechtferti­gt die Verbrechen nicht, die in seinem Namen geschehen.
BILD: SN/AP Der Islam rechtferti­gt die Verbrechen nicht, die in seinem Namen geschehen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria