So läuft die Aufarbeitung im Hypo-Desaster
Elf verurteilte Ex-Manager, weiterhin rund 100 Beschuldigte. Der Hypo-Skandal wird auf Jahre kein Ende nehmen. Das Geständnis des früheren BayernLB-Chefs könnte in einigen Verfahren noch von Bedeutung sein.
Die Steuerzahler in Österreich und Bayern müssen in Milliardenhöhe für das Debakel um die Hypo Alpe Adria bluten. Die strafrechtliche Aufarbeitung hat schon einige Jahre Haft ergeben, Zivilprozesse werden noch Jahre dauern.
1.
Wie viele Ex-Manager der Hypo sitzen in Haft?
Derzeit befinden sich neun frühere Vorstände und Berater der Kärntner Skandalbank im Gefängnis. Die meisten wurden wegen Untreue oder Beihilfe dazu verurteilt. Es ging um zu locker vergebene Kredite sowie risikolose Geschäfte für teils prominente Investoren mit Vorzugsaktien. Als Erste traten bereits vor mehr als einem Jahr ExVorstand Günter Striedinger, der langjährige Stellvertreter von ExHypo-Chef Wolfgang Kulterer, und der frühere langjährige Hypo-Anwalt Gerhard Kucher ihre vierjährigen Haftstrafen an. Im Mai musste schließlich Kulterer seine insgesamt sechseinhalbjährige Haftstrafe antreten. Zuletzt rückte im September Hermann Gabriel, Ex-Steuerberater der Hypo (viereinhalb Jahre wegen der Vorzugsaktien), ein. Weitere Häftlinge: Gert Xander, ExChef der Hypo Österreich (er erhielt in zwei Prozessen zwei Jahre plus 21 Monate Haft). Hans-Jörg Megymorez, Ex-Vorstand der Kärntner Landesholding, und Josef Martinz, ExÖVP-Chef in Kärnten, wurden beide im Parteienfinanzierungsskandal um das Millionenhonorar für den Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher verurteilt – zu drei bzw. viereinhalb Jahren Haft. Ex-Vorstand Josef Kircher und Birnbacher (beide erhielten drei Jahre teilbedingt) genehmigte die Justiz die Fußfessel. Nicht rechtskräftig sind die Urteile gegen die Ex-HypoChefs Siegfried Grigg (dreieinhalb Jahre) und Tilo Berlin (26Monate).
2.
Wie viele Strafverfahren laufen noch?
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt wegen der Hypo Alpe Adria weiter gegen rund 100 Beschuldigte. Es gibt zweiweitere Teilanklagen wegen ungerechtfertigt vergebener Kredite. Anfang 2015 folgt der nächste Prozess, dabei geht es unter anderem um das Projekt Paradiso eines Sohnes des Malers Ernst Fuchs. Unter den Angeklagten ist Ex-FPÖ-Werber Gernot Rumpold, der den 7,5-MillionenEuro-Kredit vermittelt haben soll. Im Fall Birnbacher ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen neun weitere Verdächtige, darunter die früheren freiheitlichen Politiker Harald Dobernig und Uwe Scheuch.
3.
Hat das deutsche Bestechungsurteil Folgen?
Markus Kitz, Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, wollte das am Dienstag auf Anfrage nicht ausschließen. Man werde prüfen, ob der frühere BayernLB-Chef Werner Schmidt neben dem verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider weitere Personen genannt habe, die bei dem Fußballsponsoring involviert waren. Schmidt hatte die Bestechung Haiders am Montag zugegeben. Er kam mit eineinhalb Jahren bedingter Haft und 100.000 Euro Geldbuße davon.
4.
Wie wirkt das Geständnis im Milliardenstreit zwischen der BayernLB und Österreich?
Ob die Republik Österreich aus dem Schmidt-Geständnis in den Rechtsstreitigkeiten mit Bayern Kapital schlagen kann, ist offen. Österreich hat die EU-Kommission wegen der Hypo-Auflagen beim Europäischen Gerichtshof verklagt. Dabei geht es um ein Darlehen von 2,6 Mrd. Euro, das die Bayern bei derNotverstaatlichung Ende 2009 in der Bank lie- ßen. Österreich stellte Ende 2013 die Zahlungen für die Kredite mit dem Argument ein, dass das Geld als Eigenkapitalersatz gelte, solange die Hypo in einer Notlage steckt.
5.
Waren die Bayern blind oder wurden sie getäuscht? Schmidts Geständnis könnte der BayernLB aber auch in Österreich zum Nachteil gereichen. Denn vor dem HandelsgerichtWien versucht die Bank zu beweisen, sie sei beim Kauf der Hypo 2007 (um 1,6 Mrd. Euro) von der Kärntner Bank durch falsche Angaben zur Bilanz und zum Kernkapital übers Ohr gehauen worden. Die beklagte Hypo-Mitarbeiter-Privatstiftung, der kleinste Anteilseigner, könnte das Geständnis als Indiz dafür auslegen, dass die Bayern die Bank ohneWenn und Aber haben wollten, um nach dem Scheitern bei der Bawag-Übernahme am Balkan zu expandieren.
6.
Was ist von der GrissKommission zu erwarten?
War die Notverstaatlichung der Hypo notwendig? Das prüft imAuftrag von Ex-Finanzminister Michael Spindelegger seit März – als der Druck in Richtung Untersuchungsausschuss wuchs – die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, als Leiterin einer Untersuchungskommission. Die Gesamtkosten sollen unter 500.000 Euro liegen. Der Bericht soll Ende des Jahres vorliegen. In der Folge wird vielfach ein HypoUntersuchungsausschuss erwartet.
10.
Hält der Schuldenschnitt vor den Höchstrichtern?
Der Verfassungsgerichtshof muss nach mehreren Klagen in den nächsten Monaten das Gesetz zum Hypo-Abbau prüfen, mit dem private Gläubiger bei landesbesicherten Nachranganleihen beteiligt werden sollen. Geklagt haben bisher die BayernLB, die Ergo Pensionskasse (Düsseldorf), die Ringturm KAG sowie Donau Versicherung, Wiener Städtische, Uniqa und Raiffeisen Versicherung. Die geplante Abwicklung der maroden Hypo beginnt laut Regierung mit Verbindlichkeiten von knapp 18 Milliarden Euro. Einige Milliarden davonwerden mit Sicherheit am Steuerzahler hängen bleiben.