Besonders universitäre Programme wie die „Uni 55-PLUS“in Salzburg sind zunehmend gefragt.
Die Nachfrage nach Bildung steigt bei der Generation 55plus: Das zeigte im Herbst eine Studie von GfK-Austria unter 1600 Teilnehmern im Auftrag des ÖVP-Seniorenbunds: Laut der Befragung hat sich die Nachfrage von 47 Prozent 2010 auf nun 87 Prozent gesteigert. Angesichts dieser Zahlen müsse nun die Wirtschaft passende Angebote schaffen, forderte ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer. Mehr geistige Fitness bedeute auch mehr gesunde Lebensjahre für den Einzelnen und damit eine Entlastung der Gesellschaft, warb Aubauer für Bildung im Alter. „Das ist keine Spielerei, das bringt der Gesellschaft ganz viel.“Durch die deutliche Zunahme an Senioren, die sich prinzipiell vorstellen könnten, Bildungsangebote in Anspruch zu nehmen, gebe es ein neues Publikum: Dieses bestehe nicht mehr nur aus ohnehin bildungsaffinen Älteren mit höherem Bildungsabschluss und Einkommen. „Das ist eine völlig neue Situation für alle Anbieter“, so Aubauer. „Da stehen wir noch am Anfang.“Ziel müssten niederschwellige und für bildungsferne Menschen geeignete Angebote sein.
Das Marktpotenzial ist jedenfalls da: Laut der GfK-Studie zeigen fast 1,8 Mill. der über 60-Jährigen Interesse. Bei durchschnittlich rund 140 Euro, die durchschnittlich jede Person dafür im Jahr auszugeben bereit ist, brächte das Einnahmen von 250 Mill. Euro. Wichtig ist ein nicht zu hoher Preis – ein Drittel der Befragten sieht seine „Schmerzgrenze“bei 100 Euro, ein Viertel bei 50. Thematisch liegt das Interesse der Zielgruppe vor allem bei Computerkenntnissen, Fremdsprachen, Gedächtnistraining und Bewegungstraining.
An Österreichs Unis wird die Zielgruppe 55plus bereits immer stärker mit Angeboten bedacht: Rund 3800 Menschen aus dieser Altersgruppe studieren, „Hochburgen“sind die Unis Salzburg und Klagenfurt. Damit machen sie 1,3 Prozent der Gesamt-Studentenzahl aus, wie aus der Statistik-Datenbank unidata hervorgeht – in Salzburg und Klagenfurt sind es jeweils vier Prozent aller Studierenden. Frauen stellen mit derzeit rund 60 Prozent auch bei den Senioren die Mehrzahl der Studenten. Am geringsten ist der Seniorenanteil an den technischen, medizinischen und Kunst-Unis sowie an der Wirtschaftsuniversität (WU) und der Universität für Bodenkultur (Boku).
Die Universität Salzburg geht unter der Leitung des emeritierten Professors Urs Baumann mit ihrer „Uni 55-PLUS“seit zwei Jahren einen erfolgreichen Weg. Im aktuellen Wintersemester gibt es bereits 376 Teilnehmer, das sind im Vorjahresvergleich 20 Prozent mehr. Das Rezept der Uni Salzburg: kein eigener „Lehrgang“, sondern der nach der Inskription (Details siehe Kasten links) frei wählbare Zugang der Studierenden zu derzeit rund 370 regulären Lehrveranstaltungen sowie rund 20 exklusiven Prosemi- naren und Exkursionen. „Diese erfreuen sich immer größerer Beliebtheit“, freut sich Urs Baumann. „Besonders das Konzept zweitägiger Exkursionen ist sehr erfolgreich, hier kommt zur Bildungskomponente auch noch eine soziale Komponente dazu, die sehr geschätzt wird.“Entsprechend gebe es im Sommersemester zwei neue Exkursionen unter anderem im Bereich Biologie. Bei den Proseminaren sei insbesondere das Proseminar „Fitness und Bewegung“ein Dauerbrenner – „hier punkten wir vor allem mit der Kombination aus Wissenschaft und praktischen Übungen für den Alltag“.
Nach der Einführungsphase der Uni 55PLUS bilde sich nun außerdem „eine universitäre Identität“aus, sagt Baumann. „Wir haben quasi als Studienvertretung einen TeilnehmerInnenrat gebildet, der dazu beiträgt, dass sich die Studierenden zunehmend als Gruppe fühlen.“Verstärkt werde dieses Bild durch viele positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung im Hinblick auf das Angebot. „Salopp ausgedrückt machen unsere Teilnehmer Werbung für die Uni Salzburg – auf einer direkten Ebene, weil hier Menschen über 55 nicht mehr nur über ihre Kinder an der Universität teilhaben, sondern selbst als Individuen, die dort ebenso etwas lernen wollen.“Das Angebot, das laut Baumann derzeit in Österreich von seiner Ausrichtung her „einzigartig“ist, wird nun auch regional in Richtung Oberösterreich, aber auch Bayern ausgeweitet. „Wir möchten auch dort immer mehr Menschen ansprechen.“
Urs Baumann,