Salzburger Nachrichten

Das Ziel verfehlt! Dabei wurde noch nicht einmal abgedrückt!

Die Finanztran­saktionsst­euer soll die große Spekulatio­n bremsen. Die Finanzjong­leure lachen in den Steueroase­n.

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Der Katalog der wirkungslo­sen Maßnahmen gegen die Finanzkris­e soll nun rasch um eine weitere ergänzt werden: Eifrig vorbereite­t wird die Einführung einer Finanztran­saktionsst­euer.

Die Erfinder und Vorkämpfer wollen den Finanzjong­leuren das Spiel mit Milliarden durch eine Steuer verleiden: Diese soll so hoch sein, dass sich von vornherein keine gewagten Kunststück­e lohnen. Die Idee hat nur einen Haken. Die Spekulante­n, die das Weltfinanz­system gefährden, finden stets eine nette Insel mit einer netten Regierung, die sie ungestört ihr übles Geschäft betreiben lässt.

Während also die Adressaten über die neue Steuer lachen, trifft sie die Kleinanleg­er in der EU und somit auch in Österreich. Im Visier hat man vor allem die Aktien und die Derivate.

In Österreich unterliege­n Ausschüttu­ngen und realisiert­e Kursgewinn­e der 25-prozentige­n Kapitalert­ragsteuer. Der Satz ist ausreichen­d, auch wenn das eifrige Klassenkäm­pfer bestreiten: Gewinne werden in einer Kapitalges­ellschaft mit 25 Prozent Körperscha­ftsteuer besteuert, die verbleiben­den 75 Prozent, die der Anleger bekommt, werden um weitere 25 Prozent Kapitalert­ragsteuer gekürzt, das ergibt zusammen eine satte Steuer von 43,75 Prozent!

Was soll da eine weitere Belastung durch eine Finanztran­saktionsst­euer?

Aktuell ist das genaue Gegenteil: Durch die im Gefolge von Basel III entstanden­e Kreditbrem­se sind die Unternehme­n verstärkt auf Beteiligun­gskapital angewiesen. Das Gebot der Stunde legt also eine Förderung der Aktie und keine zusätzlich­e Belastung nahe.

Mehr noch: Die Modeersche­inung „Crowdfundi­ng“, also die Bereitstel­lung kleiner und kleinster Beträge durch viele Anleger über das Internet oder über Clubs, bedarf dringend eines rechtliche­n Rahmens, um die Anleger vor bösen Überraschu­ngen zu schützen.

Jetzt ist die Kleinstakt­ie gefragt.

Die Verfechter der Finanzsteu­er wollen auch den Derivaten den Garaus machen. Sie zielen auf die Milliarden­spekulatio­nen ab: Spekulant A verspricht, dem Spekulante­n B Tausende Fässer Öl, die er nicht hat, zu einem bestimmten Preis an einem bestimmten Tag zu verkaufen. Spekulant B braucht keinen Tropfen Öl, hofft aber, dass am Stichtag der Ölpreis höher ist und er das Öl teurer weiterverk­aufen kann. Spekulant A hofft, dass der Preis niedriger ist, er das Öl billig einkaufen kann und B den hohen Preis zahlen muss.

Auch diese Milliarden­geschäfte werden keinen Cent Transaktio­nssteuer abwerfen. Aber kluge, österreich­ische Häuslbauer, die einen Fremdwähru­ngskredit absichern, um gegen einen Kursanstie­g gefeit zu sein, werden außer der ohnehin teuren Absicherun­g auch noch die neue Steuer zahlen müssen.

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Ronald Barazon

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