Opfer von Fieber und Absagen
Ein drittes Mal: Wiener Philharmoniker bei der Mozartwoche.
Ein gewisser Reiz der jährlich drei Gastkonzerte der Wiener Philharmoniker bei der Salzburger Mozartwoche besteht für den interessierten Hörer darin, dass schon traditionsgemäß an einem Abend ein Debütant am Pult steht. Wie weit dieses „Ausprobieren“Folgewirkung hat, steht freilich von Fall zu Fall auf einem ganz anderen Blatt.
Formulieren wir es einmal vorsichtig: Die Nachhaltigkeit dieser Variante ist oft enden wollend. Dabei kommen durchaus Interpreten mit bereits ausgewiesener Kompetenz ins Spiel. Aber ob die Chemie stimmt, lässt sich schwer voraussagen. Ob die einmalige Bindung für die Zukunft tragfähig sein kann, ebenso wenig.
Im Falle von Thomas Hengelbrock, dem so neugierigen, versatilen und historisch-aufführungspraktisch erfahrenen Mu- sikforscher und aktuellen Chefdirigenten des NDR-SymphonieOrchesters, kamen einige Umstände erschwerend hinzu.
Die vorgesehene Sopranistin Diana Damrau sagte ab, weil sie sich nach einer Erkrankung vor einigen Wochen nicht gut genug auf ausgewählte Mozart-Arien vorbereiten konnte. Zeitgleich und offenbar wieder gesund singt sie – wir be- richteten – großartig Donizettis „Lucia di Lammermoor“in München. Der erste angekündigte „Ersatz“, Genia Kühmeier, stand dann auch nicht zur Verfügung, und so trat als Retterin am Samstag im Großen Festspielhaus kurzfristig die lettische Sopranistin Marina Rebeka auf.
Sie sang drei Arien, darunter bekannte, große Nummern aus „Figaro“und „Don Giovanni“, mit dunkler, immer ein wenig scharfer, ge- härteter Stimme von kräftigem und nicht durchgehend intonationssicherem Strahl. Man musste dankbar sein, dass der Mittelteil des Konzerts aber relativ sicher über die Runden ging.
Auf dem Podium stand auch noch ein Stuhl für den Dirigenten. Thomas Hengelbrock ließ sich eingangs als fiebernd entschuldigen, was womöglich in den Proben nicht die letzten Reserven mobilisierte.
Den Abend stand Hengelbrock dann aber ohne sichtbare Probleme durch. Die Wiener Philharmoniker versagten ihm nicht ihren Dienst.
Sie spielten die Symphonie in A-Dur, KV 201, und die sogenannte „Jupiter“-Symphonie, KV 551, mit aller philharmonischen Erfahrung und mancherlei klanglichem Gusto in gut durchgebildeten Details. Größeren Denkstoff (wie etwa zum Vergleich Nikolaus Harnoncourt) lieferten sie und ihr freundlicher Dirigent nicht. Fazit: Es war nach Kräften ein schönes, problemloses, gepflegtes „Philharmonisches“. Folgewirkungen? Man wird sehen . . .