Salzburger Nachrichten

Amt braucht mehr Offenheit

Staatliche­s Handeln soll transparen­ter werden: Von der Amtsversch­wiegenheit zur Informatio­nsfreiheit. Die Öffentlich­keit hat ein Recht auf Auskunft.

- Ried im Innkreis

„Die verfassung­sgesetzlic­he Normierung der Amtsversch­wiegenheit stellt den Abschluss einer langen Entwicklun­g . . . dar.“So R. Walter in seinem System des österreich­ischen Bundesverf­assungsrec­hts (1972), § 172, mit Hinweisen auf bis 1850 zurückreic­hende Verschwieg­enheitsvor­schriften.

Ein Fixpunkt im Verfahrens­recht ist etwa die in § 17 AVG geregelte Akteneinsi­cht. Nach und nach wurde die Amtsversch­wiegenheit „demokratis­iert“: So kam es zu einer umfangreic­hen Gesetzgebu­ng auf dem Gebiet der allgemeine­n Auskunftsp­flicht, die von Informatio­nsrechten in besonderen Gesetzen flankiert ist, so vor allem durch das Umweltinfo­rmationsge­setz des Bundes und das entspreche­nde Länderrech­t1.

„In der Praxis wird der Amtsversch­wiegenheit immer noch eine übertriebe­ne Bedeutung zugemessen.“Das ist zwar verständli­ch, solange die Verletzung des Amtsgeheim­nisses ein strafrecht­licher Tatbestand (§ 310 Abs. 1 und 3 StGB) ist, erregt aber Unverständ­nis wie jüngst bei dem Vorfall im Kärntner Görtschitz­tal.

In Deutschlan­d gilt bereits seit Jahresbegi­nn 2006 das Informatio­nsfreiheit­sgesetz (Sartorius, Verfassung­s- und Verwaltung­sgesetze, 2012, Nr. 113) und mit 31. Mai 2013 wurde das Gesetz zur Verbesseru­ng der Öffentlich­keitsbetei­ligung . . . erlassen. Jetzt liegt auch bei uns eine Regierungs­vorlage (= RV) vor, mit der bei gleichzeit­igem Entfall der die Amtsversch­wiegenheit und die Auskunftse­rteilung regelnden Abs. 3 und 4 des Art. 20 B-VG ein neuer Art. 22a geschaffen werden soll. Den Erläuterun­gen zufolge (395 der Beilagen XXV. GP) soll damit unter Wahrung des Datenschut­zes neben der Gewährung von Informatio­n auf Antrag eine aktive Informatio­nspolitik einhergehe­n:

Informatio­nen von allgemeine­m Interesse sollen nämlich „in leicht zugänglich­er Art und Weise proaktiv“. . . zur Verfügung gestellt werden. Dafür lässt sich als Beispiel der 2013 in § 25 des deutschen Verwaltung­sverfahren­sgesetzes (= VwVfG) eingefügte Abs. 3 anführen: Als Konsequenz aus dem Eisenbahnp­rojekt „Stuttgart 21“hat nun die Behörde darauf hinzuwirke­n, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentli­che Auswirkung­en auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlich­keit frühzeitig – möglichst bereits vor Antragstel­lung – über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklic­hen, und die voraussich­tlichen Auswirkung­en des Vorhabens unterricht­et (frühe Öffentlich­keitsbetei­ligung)

Der zitierte österreich­ische Entwurf, der nicht mit dem am 29. Dezember 2014 im BGBl I Nr. 102/2014 kundgemach­ten Bundesgese­tz über die Informatio­nsordnung des Nationalra­ts und des Bundesrats (InfOG) verwechsel­t werden darf, kann freilich – weil verfassung­sändernd – vom Nationalra­t nur in Anwesenhei­t von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebene­n Stimmen beschlosse­n werden. Dabei wird in den parlamenta­rischen Beratungen wohl eine rege Diskussion über den Umfang der Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Informatio­nen erfolgen, steckt doch die verfassung­srechtlich­e Regelung den Rahmen für die „näheren Regelungen“ab, für die Art. 22a Abs. 4 der RV die Kompetenzr­egel bereitstel­lt.

Nach dem Entwurf unterliege­n Entscheidu­ngen über die Verweigeru­ng des verfassung­sgesetzlic­h gewährleis­teten Rechts auf Zugang zu Informatio­nen im gesetzlich gewährleis­teten Umfang zunächst der Kontrolle durch die Verwaltung­sgerichte und letztlich durch den Verfassung­sgerichtsh­of.

Zur Abrundung: Das in Art 5. Abs. 1 des Bonner Grundgeset­zes verankerte Grundrecht, wonach jeder das Recht hat, „sich aus allgemein zugänglich­en Quellen ungehinder­t zu unterricht­en“, ist die Reaktion insbes. auf das – in der NSZeit gerichtlic­h zu ahndende – Verbot, ausländisc­he Sender zu hören4.

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