Salzburger Nachrichten

Privatsphä­re

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„Wir leben in einem Reihenhaus. Unsere Nachbarin spioniert uns in völlig unnatürlic­her Weise auffällig und für uns wahrnehmba­r aus. Auch belauscht und beobachtet sie uns in auffälligs­ter und unangenehm­er Art und Weise minutenlan­g von ihrem Toilettenf­enster aus, welches Ausblick auf unsere Terrasse gewährt. Müssen wir uns das gefallen lassen?“ Das beiläufige und absichtslo­se Hinaussehe­n aus den Fenstern des eigenen Hauses, die Einblick in ein Nachbargru­ndstück gewähren, stellt keinen Eingriff in die Privatsphä­re dar. Auch das kurze auf Neugier basierende Hinausblic­ken muss im Rahmen des „Üblichen“hingenomme­n werden. Dies hat seine Grenze bei der Intensität, durch die sich ein „durchschni­ttlich empfindend­er Nachbar“dauernd beobachtet und verfolgt fühlen würde. Das bei gleichzeit­iger Gartenbenü­tzung bei angrenzend­en Grundfläch­en nicht zu vermeidend­e und oft genug unfreiwill­ige Mithören von Gesprächen, die auf einer Terrasse oder im Garten von Nachbarn geführt werden, ist, selbst wenn bewusst den Gesprächen gelauscht wird, für sich allein, ohne Hinzutrete­n besonderer Umstände, kein Eingriff in die Privatsphä­re. Ein ungewöhnli­ches Verhalten, das das Gefühl der ständigen Überwachun­g gibt, greift hingegen in die Privatsphä­re ein; nur in diesem Fall kann auf Unterlassu­ng geklagt werden – auch dann, wenn „nur“Alltäglich­es (also nichts Intimes), aber eben nicht für die Öffentlich­keit bestimmtes Privatlebe­n von Nachbarn beobachtet würde. Und auch, wenn dabei keine technische­n Hilfsmitte­l wie Kameras eingesetzt werden.

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