Mittelschicht entdeckt Eliteschulen
Mitunter legen auch Verwandte und Freunde für die Bildung der Kinder zusammen.
SALZBURG. Je internationaler die Bildung, desto besser für die Berufskarriere, heißt es. Doch nicht jede Schule und nicht jeder Auslandsaufenthalt passt zu jedem Jugendlichen. Und: Was früher ein Privileg für Eliten war, wird immer mehr ein Thema der Mittelschicht. Allein im Rahmen des EU-Programms Erasmus Plus haben 2013 in Österreich mehr als 2000 Schülerinnen und Schüler Unterricht an ausländischen Schulen besucht, 1712 Schülerinnen und Schüler haben im Ausland Praktika absolviert. Das Bildungsministerium erfasst freilich nicht jene Schüler, die über private Anbieter vermittelt werden.
Der Münchner Bildungsberater Global Education Tumulka (GET) beschäftigt sich seit 25 Jahren damit, für Jugendliche die geeignetste Schule im Ausland zu finden. „Und da die Nachfrage aus Österreich im- mer größer wird, wollen wir künftig auch hier stärker auftreten“, sagt Elena Fadani Ongyerth, die bei GET den Bereich für internationale Schulaufenthalte leitet.
Der Stellenwert der Bildung ändere sich in Deutschland und Österreich derzeit massiv, sagt die Bildungsexpertin. Soll heißen, dass die Eltern bereit sind, für die Bildung ihrer Kinder mehr Geld in die Hand zu nehmen und nicht nur die staatlichen Angebote zu nutzen. Der Großteil ihrer Kunden komme mittlerweile aus der Mittelschicht und nicht wie früher aus der High Society, erzählt Ongyerth. „Wir haben oft Großeltern, die dem Enkelkind einen Auslandsaufenthalt bezahlen.“
Im Fall einer Alleinerzieherin mit sechs Kindern, von denen eines Legastheniker ist, haben zum Beispiel alle Freunde und Verwandte zusammengelegt, um den Jugendlichen in England in eine spezialisierte Legasthenikerschule zu schi- cken. In Deutschland hatte der Bursche eine Förderschule besucht „und hätte keine Chance gehabt“, sagt Fadani Ongyerth. Heute spreche der Bursche perfekt Englisch und werde demnächst in England Matura machen.
GET arbeitet mit 300 internationalen Schulen vor allem in Großbritannien, den USA, Kanada, Neuseeland und Australien zusammen. Von der Kombination Gastfamilie und Schule im Ausland hält Ongyerth wenig. Bei Internatsschulen wisse man, was man bekomme, die Jugendlichen würden ganzheitlich, etwa auch in den Bereichen Sport, Theater und Kreativität gefördert. Gastfamilien seien immer ein Lotteriespiel, sagt sie.
Bevor ein Jugendlicher in eine internationale Schule im Ausland kommt, arbeitet GET bis zu einem Jahr mit ihm zusammen, um Neigungen, Interessen und Ziele auszuloten. Das Ergebnis: In 90 Prozent der Fälle wollen die Kinder ihren Aufenthalt verlängern, pro Jahr gibt es hingegen nur ein bis zwei Jugendliche, die den Schulbesuch vorzeitig abbrechen.
Neben der englischen Sprache profitierten die Kinder auch von der anderen Methodik und anderen Fächern in ausländischen Schulen, sagt Ongyerth. In England gehörten etwa iPads und Mobiltelefone für das Lernen in den Klassen zur Grundausstattung. Für Jugendliche mit Legasthenie oder einer Aufmerksamkeitsdefizit- beziehungsweise Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gebe es in England und den USA zudem rungen.
Billig sind solche Internatsschulen nicht. Am teuersten ist ein Schuljahr in den USA. 55.000 bis 69.000 Dollar sind zu berappen, das sind derzeit 48.400 bis 60.800 Euro, in England sind es 21.000 bis 36.000 Pfund (28.000 bis 48.100 Euro). Wenn jemand sehr talentiert ist, kann er ein Stipendium beantragen.
Im Trend der vergangenen drei Jahre sind Wirtschaftsschulen in England, die nach der Matura beziehungsweise dem Abitur besucht werden. Hier bereiten sich die jungen Leute auf die Bewerbungen an den Universitäten vor.
In Österreich hat GET bisher pro Jahr rund 500 Familien beraten, nur auf Basis von Mundpropaganda. „Durch die Internationalisierung werden wir aber immer öfter von Österreichern kontaktiert und wollen daher hier unser Angebot hier ausweiten“, sagt Ongyerth.
ganzheitliche
Förde-
„Stellenwert der Bildung ändert sich.“