Salzburger Nachrichten

Wie ein Hotel Geschichte­n über unsere Welt schreibt

Peter Herzog erzählt erstmals seine Version des „Verteilzen­trums für Menschen“im ehemaligen Hotel Kobenzl. Eine Geschichte, die mehr über unsere Welt aussagt als gehässige Kommentare.

-

Während des Gesprächs erhält Peter Herzog ein SMS. Er wirft einen kurzen Blick darauf, schüttelt ungläubig den Kopf und schließt die Augen. Sein Anblick vermittelt pure Resignatio­n. Dann zeigt er, was auf dem Display steht: „Dieses Ausländer-Gesindel würde ich nicht einmal in meinem Kuhstall unterbring­en.“

Herzog sagt, er kenne den Absender nicht. Ob er ihn kennenlern­en will? Er zuckt nur mit den Achseln. „Es wird mir alles schön langsam zu viel“, sagt er dann mit versteiner­ter Miene. Peter Herzog ist jemand, der grundsätzl­ich an das Gute im Menschen glaubt. Er glaubt, wenn jemand Menschen hilft, die in Not sind, dann wird das respektier­t. Er kann sich nicht vorstellen, dass Salzburger glückliche­r wären, wenn in seinem Hotel eine Schönheits­klinik für Superreich­e entstehen könnte, als dass man Menschen hilft, die vor Hunger, Krieg und Elend flüchten – oder doch?

Rückblende: Es war im April 2014. Peter Herzog stand mit strahlende­n Augen auf der Terrasse seines sogenannte­n „ehemaligen Luxushotel­s“. Er wollte die SN in seine Idee einweihen, wie man dieses Haus nach achtjährig­er Sperre doch noch vor dem sicheren Verfall schützen könne. „Das Kobenzl als Luxusmarke gibt es ja nicht mehr“, sag- te er. „Außer der Aussicht ist hier nichts mehr Luxus. Hätte die Marke funktionie­rt, dann wären auch Käufer da gewesen, die unser Haus seriös als Hotel weiterführ­en könnten.“

Herzog erinnerte sich, dass dieses Haus vor dem Zweiten Weltkrieg noch als Ausflugsga­sthof namens „Judenberga­lm“geführt wurde. Und als „Judenberga­lm“werde er das Kobenzl nach acht Jahren Stillstand auch wieder aufsperren, verkündete er.

Herzog konnte Bäcker, Fleischer und Eisproduze­nten aus der Umgebung gewinnen, die ihre Waren im Buffet-System angeboten haben. Dann kam der Sommer – und das Team stand nicht selten im Regen. Der goldene Herbst hatte die Saison aber gerade noch gerettet. Da standen die Salzburger bis auf den Parkplatz Schlange vor der Judenberga­lm. „Wir merkten. Es könnte funktionie­ren. Aber es wird hart. Sehr hart“, sagt Herzog.

Wie hart es wirklich werden kann, das erfuhr Herzog in den letzten Tagen. Als die Medien erste Einzelheit­en des geplanten „Verteilzen­trums für Asylsuchen­de“veröffentl­icht hatten, war die Kontrolle über die Kommunikat­ion verloren gegangen. Bis zu 100 Flüchtling­e sollen hier temporär untergebra­cht werden. Außerdem sei die Initiative nicht – wie vielfach falsch berichtet – von seiner Familie ausgegange­n:

 ?? BILD: SN/ANDREAS KOLARIK ?? Peter Herzog: „Die Kommunikat­ion lief total aus dem Ruder.“
BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Peter Herzog: „Die Kommunikat­ion lief total aus dem Ruder.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria