Salzburger Nachrichten

Im Eiskasten

- Crashed Ice

Ice, denke ich mir am Start inmitten einer Horde kräftiger Athleten aus der ganzen Welt. Englisch ist die Amtssprach­e.

Ich versuche mich wieder auf das Wesentlich­e zu konzentrie­ren. Bei eisigen Temperatur­en lockere ich meine Beinmuskel­n. Wie ich bei Marco Dallago gesehen habe, ist ein perfekter Start das Um und Auf. Der kleine Grazer ist mittlerwei­le mit großem Vorsprung als Erster ins Ziel gesprungen und eine Runde weiter. Apropos Start: Drei Heats sind bereits im Ziel angekommen. Meine Anspannung hält sich noch in Grenzen. Sieben Renngruppe­n starten noch, bevor ich mit dem Amerikaner Reed Whiting, dem ehemaligen deutschen Weltmeiste­r Martin Niefenecke­r und dem Kanadier Guillaume Bouvet-Morrissett­e um wichtige Meter kämpfe.

„Heat eleven – get ready“, tönt es aus dem Mikrofon des Startschie­dsrichters. Wir beziehen unsere Startplätz­e. Adrenalin durchström­t meinen Körper. Ich spüre, wie sich mein Pulsschlag erhöht. Kurze „Have fun“-Phrasen schwirren um mich herum und aus dem Mikrofon schallt es: „Riders ready warning!“

Höchste Konzentrat­ion, meine Muskeln sind angespannt. Neben mir zappeln die Jungs motiviert auf ihren Schlittsch­uhen hin und her. Die Startampel schaltet auf Grün. Kräftige Schritte zum Beschleuni­gen vor der ersten kleinen Bodenwelle. Hinter BouvetMorr­issette finde ich mich vor der ersten Kurve auf Position vier wieder. Whiting und Niefenecke­r schlängeln sich vor uns bereits durch den sogenannte­n Snake Run. Links, rechts, links, rechts – wie beim Slalom. In mehr als 600 Arbeitsstu­nden präpariert­e man in Wagrain-Kleinarl in Zusammenar­beit mit den Dallago-Brüdern die Strecke.

Ich versuche, aus der letzten Kurve herauszube­schleunige­n. Der Amerikaner mit seinem Camouflage­outfit und der kräftige Niefenecke­r kämpfen um den ersten Platz. Ich stemme meine Füße ins Eis, Schritt für Schritt. Die über 2000 begeistert­en Zu-

five

seconds schauer bemerke ich während der Fahrt nicht. Das Eis spritzt in alle Richtungen. Ein kleiner Schlag im gebrochene­n Natureis bringt mich kurz aus dem Konzept. Im Augenwinke­l sehe ich, wie die ersten beiden bereits durchs Ziel fliegen. Der Kanadier Bouvet-Morrissett­e ist nun auch für mich außer Reichweite. Kurz vor dem Ziel versuche ich, mit angezogene­n Beinen noch die beiden Bodenwelle­n auszugleic­hen. Hier erreiche ich mit 60 km/h die Höchstgesc­hwindigkei­t.

Einmal noch volle Konzentrat­ion und den Zielsprung genießen. Ich fliege durch die Luft, meine Beine sind müde. Mit allerletzt­er Kraft bremse ich ab. Ich bin überglückl­ich und unversehrt im Ziel gelandet.

Whiting und Niefenecke­r steigen in die nächste Runde auf, doch für den Tagessieg gereicht hat es im Eiskasten von Wagrain auch für sie nicht. Weltmeiste­r Marco Dallago war einmal mehr eine Klasse für sich.

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BILDER: SN/SCHAADFOTO (2) SN-Mitarbeite­r Markus Knoblechne­r (ganz links) im Infight mit dem Deutschen Martin Niefenecke­r und Reed Whiting aus den USA.
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Anspannung pur bei den Startvorbe­reitungen.

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