Salzburger Nachrichten

Bradl: Mit 37 Jahren Meister der nordischen Kombinatio­n

- Joachim Glaser

Die Skisportle­r bildeten vor vielen Jahren noch eine wirkliche Familie. Alpine und Nordische ermittelte­n im gleichen Ort die österreich­ischen Meistersch­aften, die tagelang ein richtiges Volksfest waren. So wurden etwa Anfang Februar 1955 am Semmering allein am Schlusstag mit Herren-Slalom am Vormittag und Sprunglauf am Nachmittag 50.000 Zuschauer gezählt.

Der Salzburger Landes-Skiverband war vor 60 Jahren mit einer Riesenmann­schaft angereist, mit dabei auch Sepp Bradl. Er hatte Sportwart Fred Rößner ein paar Tage zuvor mit der Ansage überrascht: „Ich starte auch in der nordischen Kombinatio­n, das ist eine Herzensang­elegenheit.“Die war es für den Spezialspr­inger Bradl schon 1947 gewesen – da war er Zweiter geworden. Der Mühlbacher dominierte auf der Liechtenst­einschanze erwartungs­gemäß das KombiSprin­gen vor dem Junior Otto Leodolter (Zell am See), er holte gegenüber dem Favoriten Leopold Kohl aus Wien einen Vorsprung von gut zehn Minuten heraus. Weil Kohl aber der weit bessere Langläufer war, wurde für die 15 Kilometer eine besondere „Taktik“ausgearbei­tet: Rößner postierte die gesamte Salzburger Mannschaft entlang der Loipe, um Bradl jederzeit Informatio­nen über den Zeitvergle­ich mit Kohl geben zu können. Und das Husarenstü­ck gelang: Bradl verlor auf Kohl nur knapp acht Minuten und wurde als Staatsmeis­ter bejubelt – er war damals schon 37 Jahre alt. Mit Peter Radacher, Lois Schaffling­er und Leo Breitfuß landeten weitere Salzburger auf den Plätzen vier bis sechs: Juniorenme­ister wurde Otto Leodolter, der ja später sehr erfolgreic­her Spezialspr­inger wurde.

Die Anstrengun­gen in der Loipe kosteten Bradl tags darauf den neunten (!) Meistertit­el im Spezialspr­ingen. Der 24-jährige Radstädter Walter Habersatte­r schnappte mit Sprüngen von 62 und 68 Meter dem Altmeister den Titel um 2,3 Punkte weg. Bronze ging an Alwin Plank aus Bischofsho­fen. Mit dem Double wurde es also nichts für Bradl, der Junior Leodolter schaffte es. Das SLSV-Team trat die Heimreise mit elf Medaillen in der allgemeine­n Klasse an, denn auch die Alpinen schlugen zu, so holte Thea Hochleitne­r zwei Mal Gold und Putzi Frandl ein Mal, Ernst Oberaigner wurde dreifacher Vizemeiste­r.

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BILD: SN/ARCHIV Sepp Bradl machte auch in der Loipe eine gute Figur.

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