Pegida ist tot. Aber was kommt danach?
Die Politik muss das Unbehagen, das viele Menschen mit der Multikulturalität verspüren, in konstruktive Bahnen lenken.
Es ist legitim, darüber zu diskutieren, ob der Islamismus eine Gefahr für Europa darstellt. Es ist auch legitim, sich Sorgen um die Bräuche und die Kultur des alten Europa zu machen. Nur eines geht nicht: Diese Diskussion und diese Sorgen den „Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes“vulgo Pegida anzuvertrauen. Das hat sich spätestens nach der ersten Pegida-Demonstration in Österreich, abgehalten Montagabend in Wien, herausgestellt.
Dass an dieser Demonstration nur ein Häuflein Unentwegter teilnahm, geschützt von Hunderten Polizisten, bedrängt von Tausenden Gegendemonstranten, spricht für die politische Reife der Österreicherinnen und Österreicher. Denn wer sich die Mühe machte, über die Polizeiketten ins Lager der PegidaDemonstranten zu blicken, der blickte in einen Abgrund: Besoffene Glatzköpfe, wie man sie aus dem Hooligansektor der Fußballstadien kennt. Drohend geschwungene Fäuste gegen Journalisten und Unbeteiligte. Und, derlei darf ja nicht fehlen: Schneidig zum Hitlergruß emporgereckte Arme – übrigens in Sichtweite der Polizei, die dies (hoffentlich nicht aus Desinteresse, sondern in Deeskalationsabsicht) geschehen ließ. Dass dieser Pöbel (neben der deut- schen) die österreichische Fahne schwenkte und „Wir sind das Volk“brüllte, erweckte Übelkeit.
Was ist zu tun? In strafrechtlicher Hinsicht ist die Lage klar. Die Justiz hat die rechten Brandstifter mit jenem Eifer zu verfolgen, der im vergangenen Jahr den linken Steinewerfern bei der Anti-Burschenschafter-Demo galt. Geistige Minderbemitteltheit darf nicht das NS-Verbotsgesetz außer Kraft setzen.
In politischer Hinsicht ist es ein wenig komplizierter. Gewiss, die Pegida hat sich unrettbar diskreditiert, diese Bewegung kann in Österreich als wirre Splittergruppe abgehakt werden. Damit ist es aber nicht getan. Die Politik hat die Pflicht, das wachsende Unbehagen, das viele Menschen mit der Multikulturalität verspüren, in konstruktive Bahnen zu lenken. Dialog statt Pegida muss die Devise lauten. Wer verängstigte Menschen als Fremdenfeinde und Rechtsextremisten diskreditiert, der wird sie den Fremdenfeinden und Rechtsextremisten in die Arme treiben. Die wohlfeile Parole „Kein Fußbreit den Extremisten“bedeutet auch: ihnen das politische Feld nicht kampflos überlassen.