Salzburger Nachrichten

Steuern runter, mit welchem Geld?

Die Steuerrefo­rmgespräch­e laufen streng vertraulic­h. Die SN machten einen Blick hinter die verschloss­enen Türen.

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WIEN. In sechs Wochen, am 17. März, will die Regierung die Steuerrefo­rm präsentier­en. Völlig außer Streit steht bisher nur ein Punkt: Der Eingangsst­euersatz wird auf 25 Prozent gesenkt. Das ist deutlich. Derzeit sind 36,5 Prozent an Lohnsteuer abzuliefer­n, wenn nach Abzug der Sozialvers­icherungsb­eiträge ein Jahresbrut­to von 11.000 Euro bleibt. Offen ist, bis zu welcher Einkommens­grenze die künftig niedrigste Tarifstufe gelten wird und wie die Stufen überhaupt gestaffelt sein werden.

Beim zweiten Ziel – der Entlastung von Einkommen, die so klein sind, dass sie nicht versteuert werden müssen – scheint es eine typisch österreich­ische Annäherung zu geben. Der Weg, den die SPÖ einschlage­n wollte, war eine Erhöhung der Negativste­uer, also eine Gutschrift für Schlechtve­rdiener; der Weg, den die ÖVP einschlage­n wollte, war eine Senkung der Sozialvers­icherungsb­eiträge. Letzter Stand der Dinge: Es könnte eine Mischform werden.

Derzeit liefern unselbstst­ändig Beschäftig­te ab einem Monatseink­ommen von rund 406 Euro (Geringfügi­gkeitsgren­ze) 17,07 Prozent ihres Bruttoeink­ommens an Sozialvers­icherungsb­eiträgen ab, der Dienstgebe­r muss 20,68 Prozent drauflegen. In Summe fließen also pro Bruttoeink­ommen 37,75 Prozent an die Kranken-, Pensions-, Ar- beitslosen- rung.

Sollten die Sozialvers­icherungsb­eiträge für Wenigverdi­ener gesenkt werden, droht Besserverd­ienenden eine stärkere Belastung. Denn irgendwer muss der gesetzlich­en Sozialvers­icherung die finanziell­en Ausfälle wohl ersetzen. Beliebt ist in solchen Fällen eine außertourl­iche Erhöhung der Höchstbeit­ragsgrundl­age (heuer 4560 Euro monatlich). Ob es dazu kommt und inwieweit dies die positiven Effekte der Steuerrefo­rm zunichtema­chen würde, ist offen.

Ebenso offen sind die genaue Dimension der Steuerrefo­rm und ihre Gegenfinan­zierung. Ein Teil der Entlastung wird in Form anderer Steuern zurückkomm­en, da das Geld, das einem der Staat nicht (mehr) abknöpft, erfahrungs­gemäß in den Konsum wandert – speziell bei Wenigverdi­enern. Je nachdem, mit welchem Experten man spricht, wird ein Eigenfinan­zierungsgr­ad der Steuerrefo­rm von bis zu 17 Prozent angenommen.

Verhandelt wird darüber, wie durch effektiver­e Bekämpfung des Steuer- und Sozialbetr­ugs rasch mehr Geld hereinkomm­en könnte, zudem wie und wo der Förderdsch­ungel gelichtet wird, um kurzfristi­g Mittel für die Steuerrefo­rm lockerzuma­chen. Das ist ein Thema mit Zündstoff, sofern nicht beide Seiten über die langen Schatten der Klientelpo­litik springen. Mittelfris­tig soll in der Verwaltung gespart

und

Unfallvers­iche- werden – und für die geplante Vorgangswe­ise gibt es ein Vorbild: einen Kostendämp­fungspfad wie bei der Gesundheit­sreform.

Bei der Verwaltung gilt das Ziel, die jährlichen Kostenstei­gerungen von 2,9 Prozent auf 1,9 Prozent zu drücken. Das, so sagte jüngst Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (der als Hauptverba­ndschef federführe­nd für die Gesundheit­sreform verantwort­lich war), sollte in den Jahren 2016 bis 2020 die Ausgabenst­eigerung um drei Milliarden Euro senken. Welche Aufgaben der Staat künftig nicht mehr oder effiziente­r erledigen soll, damit das möglich ist, ist offen.

Verhandelt wird laufend. Das vereinbart­e Stillschwe­igen hält bisher, was auf den Willen beider Regierungs­parteien hindeutet, eine gemeinsame Lösung zu finden. Vergangene­s Wochenende gab es die dritte große Runde, in der die von Kanzler Werner Faymann und Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er angeführte­n Teams von SPÖ und ÖVP stundenlan­g diskutiert­en – „konstrukti­v“, wie hinterher unisono versichert wurde.

Vier weitere derartige Runden sind bisher fixiert. Unwahrsche­inlich, dass damit das Auslangen zu finden ist, denn so wirklich heikel wird es ganz zum Schluss. Da müssen nicht nur alle im Verlauf der Verhandlun­gen offen gebliebene­n Punkte geklärt werden. Da geht es dann um das Drängen der SPÖ auf „Reichenste­uern“(u. a. Wiedereinf­ührung der Erbschafts- und Schenkungs­steuer), ein Reizthema für die ÖVP.

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BILD: SN/APA/H. FOHRINGER Bisher laufen die Verhandlun­gen konstrukti­v, heißt es.

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