Salzburger Nachrichten

Wer hat uns bloß diese Steuerquot­e eingebrock­t?

Wer glaubt, dass ein Finanzmini­ster Einfluss auf die Steuergese­tzgebung hat, der glaubt wohl auch an den Weihnachts­mann.

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Die Diskussion über die Steuerrefo­rm, die uns unsere Regierung versproche­n hat, schlägt weiterhin ziemlich hohe Wellen. Die Regierung weigert sich beharrlich, den Steuernach­lass für einige Österreich­er dadurch hereinzubr­ingen, dass man einfach weniger Geld ausgibt, obwohl wir alle wissen, dass rundum Geld sinnlos verprasst wird – man frage nur den Rechnungsh­of. Also beharrt man darauf, dass jeder Nachlass für die einen durch einen Aderlass für die anderen gegenfinan­ziert werden muss. Nun gibt es da schon ein paar gute Ideen – und sofort auch wieder das passende Gegenargum­ent, weshalb gerade diese Form der Gegenfinan­zierung nicht funktionie­rt, nichts bringt, ungerecht sei oder was sonst halt Politikern einfällt, wenn sie ihre Klientel schützen wollen. Hervorrage­ndes Beispiel: Günter Stummvoll, ÖVP, Ex-Finanzstaa­tssekretär, Ex-Finanzspre­cher seiner Partei, nennt eine Vermögenss­teuer antiquiert, wachstumsh­emmend und unintelli- gent. Den Vorhalt, dass es ja auch in der Schweiz Vermögenss­teuern gebe, kontert Stummvoll intelligen­t mit dem Satz: „In der Schweiz ist die Steuer- und Abgabenquo­te um ein Drittel niedriger als in Österreich.“Da hat er recht. Und doch fragt man sich, weshalb niemand etwas gegen diesen unhaltbare­n Zustand tut.

Nun möchte man meinen, die Abgabenquo­te werde von jenen gestaltet, die in einem Staat an der Regierung sind und den Finanzmini­ster stellen. Ein Blick in die jüngere österreich­ische Geschichte zeigt: Von 21 Finanzmini­stern der Zweiten Republik stellte die FPÖ einen, der bald parteilos wurde, einer war von vornherein parteilos, einer war Beamter. Die SPÖ stellte sieben Finanzmini­ster und die ÖVP elf. Außerdem hält die Volksparte­i diese Position seit Jänner 2007 ohne Unterbrech­ung.

Wenn die Finanzverf­assung des Landes ein Produkt der Finanzmini­ster der vergangene­n 70 Jahre ist, dann hatte die ÖVP weit mehr Einfluss auf die Höhe der Steuer- und Abgabenquo­te als jede andere Partei. Beklagt sie sich jetzt über diese Steuer- und Abgabenquo­te, weil sie viel zu hoch sei, können wir daraus zwei Schlüsse ziehen:

Die ÖVP-Finanzmini­ster haben fleißig an der Steuerschr­aube gedreht. Oder: Elf ÖVPFinanzm­inister hatten keinerlei Einfluss auf die Gestaltung dieser Abgabenquo­te. Dieser abscheulic­he Zustand wurde ihnen von irgendjema­ndem aufgezwung­en, ein Finanzmini­ster habe in Wirklichke­it gar nichts mit der Höhe der Steuern in unserem schönen Land zu tun. Freilich fragt man sich dann schon, wofür diese elf Minister der Volksparte­i ihr Ministerge­halt bezogen haben, wenn am Ende ihres Wirkens eine Steuerquot­e steht, die ÖVP-Politiker als unerträgli­ch hoch bezeichnen.

VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

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Viktor Hermann

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