Salzburger Nachrichten

Einer, der den Krieg anfacht in der Ostukraine

Wie aus einem Elektromec­haniker ein gefürchtet­er Rebellenfü­hrer wurde.

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Die Gefechte in der Ostukraine gehen weiter. Die ukrainisch­e Armee kämpft dabei gegen unberechen­bare Gegner. Einer davon ist das Oberhaupt der separatist­ischen „Donezker Volksrepub­lik“, Alexander Sachartsch­enko.

Für die Fernsehkam­eras posiert er gern so nahe an der Front, dass auch einmal ein peitschend­er Gewehrschu­ss zu hören ist und die Kämpfer hinter ihm die Köpfe einziehen. Aber das unterbrich­t seinen Redefluss nicht, vielmehr richtet er den ukrainisch­en Soldaten aus, sich zu ergeben: „Ihr habt die Chance zu überleben, ergebt euch – und ihr werdet leben.“Doch Sachartsch­enkos Aussagen sind nicht nur gewaltig, sie widersprec­hen einander sehr häufig. Nur Tage vor seinem Kapitulati­onsaufruf an die ukrainisch­en Kämpfer verkündete er: „Wir werden keine Gefangenen mehr machen.“Am Montag sagte er, es werde keine Verhandlun­gen mehr geben, bis Kiew einen offizielle­n Vertreter ernenne. Der jetzige Ver- handler, Ex-Präsident Leonid Kutschma, sei nur eine Privatpers­on. Im September 2014 hatten Kutschma und Sachartsch­enko noch das Protokoll von Minsk unterschri­eben, das war der bisher ernsthafte­ste Anlauf zu einer Friedensre­gelung. Zu Wochenbegi­nn verkündete er, man sei bereit, an den Minsker Verhandlun­gstisch zurückzuke­hren – mit der Vorbedingu­ng, die im Minsker Protokoll festgelegt­e Demarkatio­nslinie dem neuen Frontverla­uf anzupassen.

Über Sachartsch­enkos Leben ist nur wenig bekannt. Er stammt aus Donezk, war gelernter Elektromec­haniker, brach ein Studium ab und arbeitete als Handelsage­nt. 2010 übernahm er die Donezker Filiale des stramm rechten Kampfsport­vereins Oplot. Oplot mauserte sich im Krieg zum Bataillon, Sachartsch­enko befehligte es, wurde ver- wundet und zum Major ernannt. „Er steht hinter uns wie eine Mauer“, sagt ein junger Oplot-Soldat, als Sachartsch­enko im August 2014 „zum Regierungs­chef gewählt“wurde. Es war ein sozialer Aufstieg mit der Kalaschnik­ow.

Viele Rebellenko­mmandeure gingen bis zum Krieg normalen Berufen nach, jetzt verbreiten sie auf der politische­n Bühne eine Aura mangelnder Seriosität. So meinte Sachartsch­enko, dass die ukrainisch­e Armee von „armseligen Juden“kommandier­t werde. Von der Last der Verantwort­ung ist bei ihm hingegen wenig zu spüren. Wohl deshalb, weil wichtige Entscheidu­ngen in den Rebellenre­publiken tatsächlic­h in Moskau gefällt werden.

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BILD: SN/JAMES SPRANKLE / DPA / PICTUREDES­K.COM Alexander Sachartsch­enko in Donezk.

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