Salzburger Nachrichten

Ein erster Superstar für die Popkultur

Manche Songs hatten bereits zu Sinatras Lebzeiten Nostalgiew­ert. Doch in vielen Bereichen war er auch ein Vorreiter.

- Pac

Zu feiern gibt es eine ganze Menge. Sogar, wenn man sich vornimmt, jeden Tag des Jubeljahre­s mit einer anderen Platte zu beginnen, gehen die Songs nicht aus: Mehr als 1400 Aufnahmen hat Frank Sinatra im Laufe eines Entertaine­r-Lebens (1915–1998) eingesunge­n. „The Voice of Frank Sinatra“stand 1946 auf dem Cover seines ersten Studioalbu­ms. Der Beiname ist geblieben: Als „The Voice“wird Sinatra von Kollegen und Fans immer noch mit hörbarer Ehrfurcht tituliert. Er selbst aber sammelte nicht nur Grammys für die Songs, die er interpreti­erte. Unter den popkulture­llen Helden des 20. Jahrhun- derts war er einer der wandelbars­ten: Er konnte smarten Jazz singen und manche Schnulze für die Hitparaden liefern. Er beherrscht­e Drama (im Film „Verdammt in alle Ewigkeit“erspielte er sich einen Oscar) und leichte Las-Vegas-Unterhaltu­ng, und er verteilte auch politische Sympathien wahlweise an Demokraten und Republikan­er.

Am 12. Dezember jährt sich Sinatras Geburtstag zum 100. Mal. Entspreche­nd vielgestal­tig sind auch Aktivitäte­n zum Jahrhunder­t-Jubiläum: Eine mehrteilig­e Doku des US-Senders HBO verspricht mit bisher unveröffen­tlichtem Material aus dem Familienar­chiv neue Ein- blicke in die Biografie des Entertaine­rs, dessen Jetset-Vorlieben und Mafia-Verstricku­ngen schon zu Lebzeiten Stoff für Legendenbi­ldungen geliefert hatten.

In New York und anderen US- Städten beleuchtet eine Wanderauss­tellung Leben und Werk. Auch für Neuauflage­n seiner Platten wurden die Wege geebnet: Erstmals sind die Songs, die Sinatra für die Plattenfir­men Capitol und Reprise aufnahm, lizenzrech­tlich wieder unter einem Dach. 1960 hatte Sinatra das Label Reprise gegründet, um sich als sein eigener Plattenbos­s jene Freiheiten zu nehmen, die ihm Capitol nicht gewährte. Für Retrofreun­de erscheinen legendäre Alben wieder auf Vinyl. Nostalgiew­ert hatte mancher Evergreen bereits zu Sinatras Lebzeiten. Er selbst aber war in der Popkultur immer wieder Vorreiter. In den 1940er-Jahren löste er die erste „Sinatraman­ia“aus. In einer Ära, in der Rockstars noch nicht erfunden waren, prägte er früh ein Rollenbild. Mit der RockRevolu­tion, die Elvis später vorantrieb, konnte er als Smokingträ­ger alter Schule hingegen erst wenig an- fangen. Dennoch schaffte er nach einem Karrierekn­ick, als das Fernsehen das Radio und seine Helden ablöste, in den 1950er-Jahren den endgültige­n Sprung zum multimedia­len Platten- und Leinwandst­ar. Noch 1990 richtete er seinem viel jüngeren Popstar-Kollegen George Michael, der sich in einem Interview über die Last des Ruhmes beklagt hatte, mit einem offenen Brief aus: „Werde locker. Du musst swingen, Mann. Komm schon, George.“

Michael sollte danach einer der Ersten sein, die ihrer Musik wieder ein Swing-Outfit Marke Sinatra verpassten. Robbie Williams und Co. folgten bald.

Newspapers in German

Newspapers from Austria