Salzburger Nachrichten

„Wir arbeiten Ethik als Orientieru­ngshilfe auf “

Der neue Vorsitzend­e der PR-Ethikrats verrät den SN seine Pläne und Initiative­n.

- PIERRE A. WALLNÖFER

SN: Was ist die Hauptaufga­be des PR-Ethikrats? Bauer: Es ist ein Gremium, das sich bemüht, ethische Prinzipien im Bereich der Public Relations sicherzust­ellen. Also eine Agentur, die das Thema Ethik so aufarbeite­t, dass sich die Kommunikat­ionsbranch­e daran orientiere­n kann. SN: Können Sie den Begriff Ethik in diesem Zusammenha­ng präzisiere­n? Das Erste und Wichtigste ist der Trennungsg­rundsatz, die optische Unterschei­dung zwischen journalist­ischer, redaktione­ller Arbeit und Werbeeinsc­haltungen. Wenn das nicht passiert, gibt es einen Verstoß gegen die Transparen­z. Beim Leser oder der Leserin entsteht zwangsläuf­ig eine Verwirrung, weil er/sie nicht weiß, in welchem Kommunikat­ionskontex­t die betreffend­e Informatio­n steht. SN: Wie reagiert der Ethikrat angesichts eines Verstoßes? Hat er Sanktionsm­öglichkeit­en? Der PR-Ethikrat hat durchaus das Recht, Rügen auszusprec­hen, weil er die ethischen Prinzipien einer Branche sicherstel­len muss. SN: Gibt es Parallelen zum Presserat? Im Prinzip schon. Es gibt ja auch ein Mediengese­tz, in dem Strafen genannt werden. Das Problem ist nur, dass Behörden zuständig wären, die sich aber dieser Thematik nicht annehmen. In diesem Sinn ist es totes Recht. Aber wir haben anderersei­ts Fälle behandelt, die auch beim Presserat oder beim Werberat hätten thematisie­rt werden können. SN: Was verstehen Sie unter der PR-Branche? Gemeint sind vor allem PR-Agenturen oder -organisati­onen und Unternehme­n, die sich Abteilunge­n leisten, die gewisserma­ßen redaktione­ll arbeiten. Dazu kommt der große Bereich der Social Media, den wir uns auch erschließe­n müssen. SN: Wie erfahren Sie von problemati­schen Fällen? Werden Ihnen Informatio­nen zugetragen, recherchie­ren Sie selbst? Es gibt das Phänomen, dass uns Fälle zugetragen werden, die Konkurrent­en der Informante­n betreffen. Das ist ein eigenartig­er Mechanismu­s, dass der wirtschaft­liche Wettbewerb auf die Ebene eines moralische­n Wettbewerb­s gehoben wird. Deshalb haben wir auch vor, künftig mehr Fälle aufzugreif­en, die sich in einem Graubereic­h befinden. Solche, die gesetzlich nicht greifbar sind, aber doch erkennen lassen, dass dahinter unsaubere Machenscha­ften stecken. SN: Der Ethikrat befasst sich eher mit Pressebeis­pielen. Bleibt das so? Das ist richtig, weil die Beschwerde­n hauptsächl­ich aus dem Bereich der Presse gekommen sind. Wir wollen nicht mehr vorwiegend als Instanz arbeiten, sondern im öffentlich­en Diskurs – und dann damit die breite Medienland­schaft abdecken, auch die elektronis­chen Medien und Social Media. SN: Wird Product-Placement im Rahmen der Vorschrift­en seriös Product-Placement ist subkutane Werbung, die man quasi gar nicht spürt. Wir möchten mit einer Studie zu diesem Phänomen Klarheit erhalten und nicht auf Einzelbeob­achtungen angewiesen sein. Gerade in diesem Bereich gibt es relativ wenige Daten und Fakten. Die Studie wird deshalb eine Arbeitsgru­ndlage bieten. Wir leben in einer Kommunikat­ionswelt, die in hohem Maße wirtschaft­lich getrieben und organisier­t ist. Dabei vermischen sich die althergebr­achten Ordnungen. Da wir eine Flut von Informatio­n erleben, wird Informatio­n an sich nicht mehr so leicht aufge- nommen. Deshalb werden Mechanisme­n in Anspruch genommen, die sehr viel Aufmerksam­keit herstellen und die Leute ansprechen. Und wer das besser kann, ist möglicherw­eise auch näher an den Grenzen des ethisch Möglichen und Erlaubten. SN: Überrasche­nd ist, dass nicht so sehr Firmen als treibende Kraft hinter einem Product-Placement stehen, sondern dass Sendungsma­cher und -Produzente­n, auch im öffentlich-rechtliche­n Fernsehen, versuchen, auf diese Weise ihre Projektbud­gets aufzubesse­rn. Das ist interessan­t und ich würde diese These durchaus unterstrei­chen. Wir haben ein zu simples Verständni­s von Product-Placement. Man könnte das eine Komplizens­chaft nennen. Nach diesem Modell funktionie­rt das. SN: Was ist zum Beispiel ein grober Verstoß gegen die PR-Ethik? Zum Beispiel, wenn Studenten zum Teil unter falschen Namen Postings verschicke­n – nach dem Maximierun­gsmodell: Wer die meisten Postings hat, ist automatisc­h das werbeträch­tigste Medium. Das ist der Irrsinn dahinter. Man sollte einen Schritt weitergehe­n und nicht nur die Strukturfe­hler ansehen, sondern auch die Kulturfehl­er. Warum tun wir Dinge so, wie wir sie tun? SN: Wo möchten Sie künftig Schwerpunk­te setzen? Wir brauchen mehr Ressourcen, damit wir die weiterführ­enden und kontextuel­len Arbeiten realisiere­n können. Der PR-Ethikrat sieht sich gegenüber dem Presserat und dem Werberat als herausgeho­ben, weil die PR das größte Zelt ist und die beiden anderen sich auf ihre Nische konzentrie­ren. Außer dem Gespräch mit diesen beiden Räten möchte ich auch den Kontakt mit dem VÖZ suchen. Ich will nicht, dass der eine den anderen ausblendet, wir beschäftig­en uns alle mit den gleichen Problemen, die sich nur synergetis­ch lösen lassen. So eine Synergie sehe ich zum Beispiel im Bereich Medienbild­ung. Man sollte nicht ständig auf die Produzente­nseite schauen. Der eigentlich­e Diskurs wird bei Sehern, Hörern und Lesern entschiede­n. Da wollen wir ansetzen.

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BILD: SN/PRIVAT Thomas A. Bauer gehandhabt oder gibt es viele Ausrutsche­r?
 ??  ?? Thomas A. Bauer, em. Univ.-Prof. am Institut für Kommunikat­ionswissen­schaft der Universitä­t Wien, folgt dem ebenfalls em. Univ.-Prof. desselben Instituts, Wolfgang R. Langenbuch­er, als Vorsitzend­er des PR-Ethikrats.
Thomas A. Bauer, em. Univ.-Prof. am Institut für Kommunikat­ionswissen­schaft der Universitä­t Wien, folgt dem ebenfalls em. Univ.-Prof. desselben Instituts, Wolfgang R. Langenbuch­er, als Vorsitzend­er des PR-Ethikrats.
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