Verbrechen, aber kein Völkermord
Internationaler Gerichtshof sagt: Weder Kroatien noch Serbien schuldig.
DEN HAAG. Mehr als 20 Jahre nach dem Bürgerkrieg im früheren Jugoslawien entschied der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag am Dienstag: Weder Kroatien noch Serbien hätten sich des Völkermordes schuldig gemacht. Während man sich in Serbien zufrieden zeigte, reagierte man in Kroatien mit Enttäuschung. Kroatien hatte Serbien wegen der sogenannten ethnischen Säuberungen (1991–95) wegen Vertreibung, Verfolgung und Tötung kroatischer Bevölkerungs- gruppen 1999 verklagt. Serbien hatte 2010 Gegenklage wegen des Todes und der Vertreibung Tausender Serben durch Kroatien erhoben. In beiden Staaten wurde der Richterspruch mit Spannung erwartet, da bei einem Schuldspruch Kriegsreparationen fällig geworden wären. Das Gericht hielt fest: Zwar hätten Einheiten der damals von Belgrad kontrollierten Jugoslawischen Volksarmee tatsächlich gezielt Kroaten getötet und misshandelt. Kroatien habe aber nicht deutlich machen können, dass damit tatsächlich eine Absicht zur vollstän- digen oder teilweisen Zerstörung der kroatischen Volksgruppe bestanden hätte. Kroatien wurde ebenso vom Vorwurf des Völkermordes an Serben freigesprochen. Hintergrund der Klagen war der Wunsch beider Seiten, die jeweils andere als eigentlich Schuldige am Krieg – es ging um die Krajina – zu brandmarken. Das konnte der Gerichtshof nicht leisten, weil der Krieg zwischen zwei ethnischen Gruppen geführt wurde, der IGH aber nur die Verantwortung von Staaten feststellen kann.