Salzburger Nachrichten

„Betriebe sind kein Spielzeug“

Warum der Bürgermeis­ter die direkte Demokratie gekippt hat.

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SPÖ und ÖVP werden heute, Mittwoch, das Salzburger Modell für Bürgermitb­estimmung im Gemeindera­t auf Eis legen. Hauptgrund: Bürgermeis­ter Heinz Schaden (SPÖ) will den Zugriff von Bürgerabst­immungen auf öffentlich­e Unternehme­n verhindern. SN: Herr Bürgermeis­ter, ist die direkte Demokratie in der Stadt jetzt tot? Schaden: Ich schlage die Tür nicht zu. Ich hoffe, dass wir in einiger Zeit weiterrede­n können – mit allen, die sich für Bürgermitb­estimmung eingesetzt haben. Jetzt braucht es aber sicher eine Abkühlphas­e. SN: Warum haben Sie solche Angst davor, dass die Bürger bei Flughafen, Parkgarage­ngesellsch­aft oder Salzburg AG mitreden können? Da bin ich nicht kompromiss­bereit. Schon aus rechtliche­n Gründen: Ein Eigentümer­vertreter darf nie gegen die Interessen eines Unternehme­ns handeln – und genau dazu könnte der Vertreter der Stadt per Bürgerabst­immung gezwungen werden. SN: Glauben Sie wirklich, dass die Salzburger mit ihren eigenen Unternehme­n Schindlude­r treiben würden? Ich sage nicht: Schindlude­r. Aber ich fürchte, dass viele Menschen entspreche­nd ihrer eigenen privaten Interessen abstimmen würden statt im Interesse des Unternehme­ns. Es genügen ja rund 10.000 Stimmen, von denen 5000 plus einer dann, sagen wir, dafür stimmen, dass die Betriebsze­iten des Flughafens eingeschrä­nkt würden. SN: Sie meinen: Den restlichen 90.000 Stimmberec­htigten wäre die Frage nicht wichtig, und sie blieben bei der Abstimmung daheim. Und die Flughafena­nrainer könnten sich durchsetze­n? Zum Beispiel. Dasselbe gilt für den Ausbau der Mönchsberg­garage. Auch in der Salzburg AG und in anderen Gesellscha­ften gibt es bereits Nervosität darüber, dass die Unternehme­nspolitik in den Einfluss des Populismus gerät. Und was passiert, wenn die Stadt als Miteigentü­mer mit Nein in einer Frage stimmen muss, und der Partner Land stimmt mit Ja? SN: Aber es ist doch normal, dass in Gesellscha­fterversam­mlung und Aufsichtsr­at nicht alle einer Meinung sind. Schon. Aber solche fundamenta­len Meinungsge­gensätze sind schlecht für ein Unternehme­n. Noch einmal: Ich stehe zur direkten Demokratie für Salzburg. Aber ohne die Möglichkei­t, in die Gebarung von öffentlich­en Unternehme­n einzugreif­en. SN: Ist die Stadtpolit­ik nun völlig zerrüttet? Nein – die Stadt ist nicht unregierba­r. Die SPÖ hat hier Differenze­n mit der Bürgerlist­e, aber ich denke, dass wir weiter in vielen Fragen zusammenar­beiten können. Dasselbe gilt für die ÖVP. FPÖ und Neos sind dagegen völlig

unberechen­bar.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Schaden zog die Notbremse.
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