Salzburger Nachrichten

Tsipras in Wien wie ein Star gefeiert

Alexis Tsipras wird gefeiert wie ein Popstar – in Griechenla­nd, aber auch in Österreich.

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Der griechisch­e Premier Alexis Tsipras hat unter den europäisch­en Regierungs­chefs nur wenige Freunde. Mit seinen Reformvors­chlägen stieß Tsipras auf seiner Europatour vor allem auf Kritik. Nicht so in Wien. Der Empfang für Tsipras war nur von den Temperatur­en her frostig. Ansonsten bereiteten ihm Fans einen Empfang wie einem Popstar.

WIEN. Es war ein frostiger Empfang für den neuen griechisch­en Premiermin­ister Alexis Tsipras in Wien – allerdings nur vom Wettergott. Denn anders als in anderen EUStaaten stieß der griechisch­e Regierungs­chef in Österreich mit seinen radikalen politische­n Reformen auf offene Ohren.

Das wurde schon vor seiner Ankunft im Bundeskanz­leramt klar. Während ein eisiger Schneestur­m durch Wien pfiff, hatten sich 200 Sympathisa­nten vor dem Regierungs­gebäude versammelt, um dem griechisch­en Regierungs­chef einen warmen Empfang zu bereiten. „Solidaritä­t mit Griechenla­nd“, skandierte die Gruppe, die großteils aus Austrogrie­chen bestand. „Es muss sich etwas ändern in Griechenla­nd. Ich bin eigentlich ein Konservati­ver, aber Tsipras ist unsere einzige Chance“, sagte ein älterer Herr im Schneegest­öber, während Tsipras gefeiert wurde wie ein Popstar. Dass ein Politiker so freundlich empfangen wird, versetzte sogar die Sicherheit­sbeamten in Staunen.

Auch Bundeskanz­ler Werner Faymann (SPÖ) dürfte Tsipras beim Gespräch unter vier Augen in seinen Reformplän­en bestärkt haben. Zumindest sprach er davon, dass man Griechenla­nd nicht im Stich lassen könne. „Die Eurozone wird am Ende des Jahres noch genau dieselbe Anzahl an Mitglieder­n haben wie jetzt“, sagte Bundeskanz­ler Faymann bei der anschließe­nden Pressekonf­erenz.

Allerdings müssten die Verpflicht­ungen Griechenla­nds auch eingehalte­n werden. Das betreffe vor allem die langfristi­ge Rückzahlun­g der Schulden. Wie das passiert, sei aber Sache der Griechen. Die etwa neun Milliarden Euro, die Österreich im Zuge der Hilfszahlu­ngen für Griechenla­nd geleistet hat, waren laut Insidern bei dem ersten Kennenlern­en kein Thema.

„Wir haben hier neue Freunde gefunden“, erklärte Tsipras. Die braucht der Linkspolit­iker auch, und zwar dringend. Denn wie er am Wochenende bekannt gab, will er sein umstritten­es Regierungs­programm in die Tat umsetzen und bleibt damit voll auf Konfrontat­ionskurs mit der EU: Die Privatisie­rung von Infrastruk­tureinrich­tungen soll gestoppt werden; dafür soll der Staat Krankenver­sorgung und Nahrung für jene bereitstel­len, denen das Geld fehlt. Zudem sollen die Pensionen wieder angehoben werden. Das alles will der neue Ministerpr­äsident schaffen, ohne den restlichen europäisch­en Steuerzah- lern zur Last zu fallen. Eine Verlängeru­ng des Hilfsprogr­amms für sein Land lehnte er strikt ab: „Die Rettungsak­tion ist gescheiter­t.“

Wie umstritten die Reformen sind, zeigte sich zu Wochenbegi­nn am griechisch­en Finanzmark­t. Dort ist die Stimmung deutlich getrübt. Der Börsen-Leitindex Athex Composite sackte zeitweise um mehr als fünf Prozentpun­kte ab. Auch griechisch­e Staatsanle­ihen blieben wegen des ungewissen Fortgangs der Krise in dem Land unter Druck.

Beim Faymann-Besuch zeigte sich Tsipras trotzdem optimistis­ch. „Österreich und Griechenla­nd wollen vor allem bei der Bekämpfung der Steuerfluc­ht zusammenar­beiten“, erklärte er. Faymann sprach sich für einen verstärkte­n Datenausta­usch aus, um etwa Steuerbetr­ug zu bekämpfen.

Das Anliegen können die beiden bereits am Donnerstag ihren EU-Kollegen vorschlage­n. Dann werden sich Tsipras und Faymann bei einem EU-Sondergipf­el in Brüssel wieder treffen und eine mögliche Erleichter­ung der Schuldenla­st diskutiere­n. Spätestens da wird Tsipras den neuen Freund brauchen. Ob der helfen kann, wird sich zeigen. Im Vorfeld wurden Gerüchte laut, wonach an einem Zehn-PunktePlan für Griechenla­nd gearbeitet wird. Sollten die Mitglieder der Eurogruppe dem Plan zustimmen, könnte die letzte Tranche der Hilfe für Griechenla­nd ausgezahlt werden. Das sind gut sieben Milliarden Euro. Damit könnte das Land seinen Verpflicht­ungen nachkommen und eine Pleite wäre abgewendet.

„Die Rettungsak­tion ist gescheiter­t.“ Alexis Tsipras, griechisch­er Regierungs­chef

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Premier Alexis Tsipras und Bundeskanz­ler Werner Faymann wollen in Zukunft gemeinsam gegen Steuersünd­er vorgehen.

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