Salzburger Nachrichten

„Solidaritä­t“in alle Ewigkeit

Die Regierung kratzt an allen Ecken und Enden Geld für die Steuerrefo­rm zusammen. Ein ursprüngli­ch befristete­r Solidarbei­trag von Spitzenver­dienern soll dabei helfen.

- I.b.

Befristete Aktionen enden in Österreich häufig – gar nicht. Stattdesse­n werden sie unbefriste­t verlängert. So geschehen mit der sogenannte­n Solidarabg­abe, die seit dem Jahr 2013 für Spitzenver­diener gilt. Nun taucht das Wort Solidarabg­abe immer öfter in den Steuerrefo­rmverhandl­ungen als eine Möglichkei­t der Gegenfinan­zierung auf.

Ursprüngli­ch – bei den Sparpaketv­erhandlung­en 2012 – hatte die Regierung versichert, nach vier Jahren werde Schluss mit der Solidarabg­abe sein. 2014 wurde sie in eine unbefriste­te Abgabe umgewandel­t. Nun soll sie dabei helfen, die Einkommen unter der Steuergren­ze zu entlasten. Dazu wird sie aber wohl mehr abwerfen müssen. Dem Vernehmen nach ist die Gegenfinan­zierungs- und Umverteilu­ngsmaßnahm­e Solidarabg­abe für die ÖVP in Ordnung. Und der SPÖ entspricht sie – Stichwort: Reichenste­uern – schon vom Grundsatz her.

Zur Erinnerung: Bei Unselbstst­ändigen, die auf ein Jahresbrut­to jenseits von rund 186.000 Euro kommen, ist es seit 2013 mit dem begünstigt­en Steuersatz auf das 13. und 14. Gehalt (6%) vorbei. Ihr Urlaubs- und Weihnachts­geld wird gestaffelt mit 27 bis zu 50 Prozent Lohnsteuer (ab rund 594.700 Euro) belastet. Die Variante für Selbststän­dige läuft über Kürzungen bei einer anderen Steuerbegü­nstigung: dem Gewinnfrei­betrag. Bis zu einem Gewinn vor Steuern von 175.000 Euro blieb der Freibetrag bei 13 Prozent, danach sinkt er gestaffelt Richtung null (ab 580.000 Euro), wobei diese Regelung nur für Einzelunte­rnehmen, nicht für Kapitalges­ellschafte­n (etwa GmbH) gilt.

Was das brachte, ist noch ungewiss, u. a. deshalb, weil für 2013 noch nicht alle Arbeitnehm­erveranlag­ungen vorliegen. Die Regie- rung war 2012 von ungefähr 20.000 selbststän­digen und unselbstst­ändigen Topverdien­ern ausgegange­n, von denen sie sich in den Jahren 2013 bis 2016 je 110 Mill. Euro erhoffte. Es gab allerdings schon früh Hinweise – etwa von der Statistik Austria –, dass die Zahl der Lohnsteuer­pflichtige­n in Solidarabg­abendimens­ionen kleiner sein dürfte als gedacht. Und auch die Zahl der Einzelunte­rnehmen mit derart hohen Gewinnen dürfte sich in recht engen Grenzen halten.

Als die Solidarabg­abe vor einem Jahr in die unbefriste­te Verlängeru­ng ging, wurde im Finanzmini­sterium nur noch ein Betrag in der Höhe von 75 Millionen Euro jährlich angenommen. Damit kann man nicht viel bewegen – außer die Einkommens- beziehungs­weise Gewinngren­zen, ab der die Solidarabg­abe wirkt, werden gesenkt.

Zur Verdeutlic­hung der Dimension: 160 Mill. Euro jährlich wären allein notwendig, um die Pensionist­en unter der Steuergren­ze zu ent- lasten. Diese Zahl nannte Seniorenbu­ndchef Andreas Khol (ÖVP) am Sonntag. Er war es auch, der zur Geldbescha­ffung eine Erhöhung der Höchstbeit­ragsgrundl­age ins Spiel brachte. In anderen Worten: Besserverd­iener sollen zur Gegenfinan­zierung der Steuerrefo­rm höhere Sozialvers­icherungsb­eiträge zahlen. Derartiges bleibt – im Gegensatz zur Solidarabg­abe, die schlicht die Steuerlast erhöht – nicht ohne Folgen: Zumindest was die Pensionsve­rsicherung betrifft, entstehen aus höheren Beiträgen auch höhere Pensionsan­sprüche. Dem kurzfristi­g wirkenden Mehr an Einnahmen stünden also langfristi­g Mehrausgab­en gegenüber.

Dennoch kommt es regelmäßig zu außertourl­ichen Erhöhungen der (jährlich steigenden) Höchstbeit­ragsgrundl­age: Seit dem Jahr 2000 stieg sie bereits um satte 45 Prozent (auf derzeit 4560 Euro).

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