Bleibt der Nicaraguasee das größte Trinkwasserreservoir Zentralamerikas?
Katherine Vammens Arbeitsplatz ist häufig der Nicaraguasee. Sie war Vizedirektorin eines Forschungszentrums für Wasserwirtschaft in der Hauptstadt Managua – bis sie das Kanalprojekt zu kritisieren begann. SN: Welche Bedenken haben Sie zum geplanten Kanal? Vammen: Der Nicaraguasee ist 17 Mal so groß wie der Bodensee und im Durchschnitt 15 Meter tief. Wegen des Tiefgangs der Containerschiffe müsste man eine Fahrrinne von 30 Metern ausbaggern. Dazu sind viele Fragen offen: Wo kommen die ausgegrabenen Sedimente hin? Woher soll das Wasser kommen, das die Fahrrinne auffüllen soll? Das Wasser zirkuliert – wie soll der Graben halten? Wie will man verhindern, dass kontaminierte Stoffe und Nährstoffe, die am Boden lagern, aufgewirbelt werden und ins Wasser kommen? Wie will man die Versalzung des Sees verhindern? Auf all diese Fragen gibt es keine Antworten. SN: Wie vielen Menschen dient der See als Trinkwasserreservoir? Etwa 200.000. Momentan versorgt der See die umliegenden
Um die Versalzung des Sees zu verhindern, will die Baufirma HKND einen künstlichen See an der Atlantikküste anlegen. Ist das nicht zumindest eine überlegte Maßnahme, um das Ökosystem zu bewahren? Ich bezweifle, dass das reicht. Die Containerschiffe schleppen Salzwasser in den See. Außerdem wäre der Kanal Einlasstor für neue Arten, was dramatische Folgen für die ein- SN: Was bedeutet es, wenn man ein Land teilt? Bestimmte Arten könnten nicht mehr wandern – von den sozialen Problemen der Menschen gar nicht zu reden. Man plant auf der ganzen Strecke von 278 Kilometern nur zwei Brücken und auf jeder Seite eine Sicherheitszone von zehn Kilometern, die nicht betreten werden darf. SN: Hat dieses Gespräch Folgen für Sie? Es wurde schon Druck von der Regierung auf unser Institut ausgeübt. Der Direktor wurde abgewählt, Kollegen wurden daheim besucht. Ich fürchte keinen Druck. Ich mache das gern. Ich glaube, dass es wichtig ist.