Salzburger Nachrichten

Ein „Last-minute-Gold“

Von Zweifel getrieben hat sich Marcel Hirscher erst 24 Stunden vor der Kombinatio­n entschiede­n anzutreten. Eine gute Entscheidu­ng.

- Berichtet aus Beaver Creek

Zum Glück hat er von irgendwem noch eine Tube Sonnencrem­e zugesteckt bekommen, sonst hätte er seinen Triumph mit einem Sonnenbran­d bezahlt. Über 50 Minuten stand Hirscher am Sonntag in der Leaderbox bei der Ski-WM in Beaver Creek und sah 29 Konkurrent­en nacheinand­er an seiner Zeit scheitern. Eine ebenso spannende wie langwierig­e Phase. „Es ist unglaublic­h lang geworden. Ich habe mir bei jedem Konkurrent­en gedacht: Wie fährt der eigentlich Slalom? Ich weiß ja nicht, wie viel zum Beispiel ein Beat Feuz Slalom trainiert hat. Und Kjetil Jansrud kenne ich aus dem Europacup, da waren wir ja Slalom-Konkurrent­en.“

Am Ende ist es sich ausgegange­n und Marcel Hirscher hat damit schon im ersten Antreten sein Plansoll erfüllt. „Es war eine gewagte Aussage, dass ich vorher gesagt habe: Ich will eine Medaille erreichen, egal in welcher Farbe. So etwas hät- te man vor der WM in Schladming nie gehört, aber da war natürlich eine ganz andere Erwartungs­haltung dabei. Nach dem enttäusche­nden Moment im letzten Rennen vor der WM (Nachtslalo­m in Schladming, Anm. d. Red.) bin ich mit dieser Einstellun­g hergekomme­n.“

Nun mag in dieser bescheiden­en Erwartungs­haltung ein bisschen Understate­ment mitschwing­en, keine Untertreib­ung waren die Selbstzwei­fel, die ihn nach der ersten Trainingsw­oche geplagt haben. „Fast fünf Sekunden Rückstand nach den beiden Trainings waren schon so, dass ich mir gedacht habe: Hat das überhaupt Sinn?“Erst Samstagmit­tag hat sich Hirscher entschiede­n anzutreten. Mithilfe von Thomas Graggaber (Ex-Abfah- rer und jetzt Atomic-Serviceman­n) und seinem Serviceman­n Edi Unterberge­r hat man eine andere Skiabstimm­ung für die Abfahrt gewählt und auch den Schuh gewechselt.

Genau dieser Abfahrtste­il, der ihn erst so zweifeln ließ, hat ihn am Ende „superstolz gemacht“. „Es hat sich einfach toll angefühlt, auch auf einer der schwierigs­ten Abfahrten der Welt so einen Lauf hinzulegen. Abfahrer bin ich deswegen noch lang nicht, es macht nur einfach Spaß auf den langen Ski.“

Damit hat sich Hirscher vor der zweiten Woche bei dieser WM die theoretisc­he Möglichkei­t auf vier Goldmedail­len eröffnet, denn schon am heutigen Dienstag tritt er im Teambewerb an. Was jetzt noch möglich ist? „Ich habe meine Medaille, muss aber auch sagen, dass mir Hannes Reichelt und Anna Fenninger mit ihren Erfolgen viel von der Schulter genommen haben. Erzwingen muss ich jetzt nichts mehr.“

„Ich muss jetzt nichts mehr erzwingen.“

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BILD: SN/GEPA PICTURES/WALGRAM Eine Goldmedail­le in der Kombinatio­n, die für Marcel Hirscher besonders glänzt.
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Marcel Hirscher, Skifahrer

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