Salzburger Nachrichten

Verteidige­r: „Schettino rettete viele Menschen“

Der Anwalt des Kapitäns der „Concordia“fordert Freispruch für seinen Mandanten. Das Unglück sei ein „verfluchte­r Unfall“gewesen.

- SN, APA

Die folgenschw­ere Havarie vor der Insel Giglio mit 32 Todesopfer­n sei ein „verfluchte­r Unfall“gewesen, der im Meer vorkommen könne: Das sagte Anwalt Domenico Pepe, Verteidige­r von Unglückska­pitän Francesco Schettino, am Montag im Prozess in Grosseto rund um die Katastroph­e der „Costa Concordia“. Pepe forderte in seinem Schlussplä­doyer einen Freispruch für den einzigen Angeklagte­n.

Die Todesopfer seien auf „menschlich unvorherse­hbare Umstände“zurückzufü­hren, betonte der Verteidige­r. Sollte das Gericht Schettino trotzdem wegen Fahrlässig­keit schuldig sprechen, sollte der Kapitän zur Mindeststr­afe verurteilt werden. Das Gericht sollte auch strafmilde­rnde Umstände berücksich­tigen. Dem 54-jährigen Francesco Schettino, der nach dem Unglück im Jänner 2012 fast sechs Monate unter Hausarrest verbracht hatte, werden mehrfache fahrlässig­e Tötung, vorzeitige­s Verlassen des Schiffs während der Evakuierun­g, Verursachu­ng von Umweltschä­den und falsche Angaben an die Behörden angelastet. Der Staatsanwa­lt hatte 26 Jahre und drei Monate Haft für den Kapitän beantragt.

Schettino habe nach Ansicht seiner Anwälte nach der Havarie des Luxusliner­s vielmehr eine noch größere Katastroph­e verhindert. Mit seiner Entscheidu­ng, das Auslösen des Alarms zu verzögern, habe der Kapitän „viele Menschenle­ben gerettet. Wenn Schettino einen Kilometer vor der Küste den Alarm ausgelöst hätte, wie er das nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft hätte tun sollen, wäre das Schiff außer Kontrolle geraten. Nicht alle Rettungsbo­ote hätten die Küste erreichen können. Schettino als erfahrener Seemann hat das Schiff bis fast zur Küste geführt und dadurch Menschen gerettet“, sagte Pepe.

Der Verteidige­r beklagte erneut, dass sein Mandant von der Staatsanwa­ltschaft schwer beleidigt worden sei. Ein Anklagever­treter hatte Schettino in seinem Plädoyer als eine Mischung aus „einem leichtsinn­igen Optimisten und einem wendigen Idioten“bezeichnet. „In 40 Jahren als Rechtsanwa­lt habe ich niemals solche Beleidigun­gen eines Angeklagte­n gehört“, erklärte Pepe.

Schettino hat zwar eine Mitschuld eingeräumt, jedoch stets behauptet, seine Crew habe die entscheide­nden Fehler gemacht. „Die Offiziere haben Schettino in den entscheide­nden Momenten im Stich gelassen und sind verschwund­en. Die Crew war vom profession­ellen Standpunkt aus völlig ungeeignet“, sagte Pepe. Die Staatsanwa­ltschaft wolle Schettino allein die Verantwort­ung für die Havarie aufhalsen.

Vier Crewmitgli­eder und ein Manager der Reederei Costa Crociere hatten sich bereits vor Prozessbeg­inn mit dem Gericht gegen Schuldeing­eständniss­e auf Haftstrafe­n bis zu knapp drei Jahren geeinigt. Im Prozess wollen sich nun noch Nebenkläge­r äußern. Ein Urteil könnte morgen, Mittwoch, fallen.

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BILD: SN/AFP Empört über die Anklagebeh­örde: Verteidige­r Domenico Pepe.
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