Neue Schule, aber nicht mehr Chancen
Die Schuldebatte geht in die falsche Richtung. Auch das lässt sich im Evaluierungsbericht zur Neuen Mittelschule nachlesen.
Mehr Bildungsgerechtigkeit werde sie bringen, die Neue Mittelschule, mehr Chancengleichheit für alle Zehn- bis 14Jährigen, versprach die damalige SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied bei der Einführung der neuen Schulform 2008. Ein Versprechen, das nicht gehalten wurde, wie eine erste Evaluierung nun unter anderem ergeben hat. „Der Beitrag der NMS (. . .) insbesondere zur Förderung von Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit ist nach den bisher vorliegenden Daten eher gering“, heißt es in dem Bericht, den das Unterrichtsministerium bei der Universität Salzburg, der Universität Linz und der Pädagogischen Hochschule Linz in Auftrag gegeben hat.
Die Autoren nennen im selben Atemzug auch den Grund dafür: Beim Eintritt in die NMS seien wesentliche Weichenstellungen bereits getroffen und prägende Einflüsse auf das Vorwissen und das Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler hätten bereits stattgefunden und könnten nicht mehr grundlegend modifi- ziert werden. Das zeigt vor allem eines: dass die Bildungsdebatte in Österreich in die völlig falsche Richtung läuft. Statt über bestmögliche Bildung in Kindergarten und Volksschule zu reden, dreht sich die politische Debatte seit vielen Jahren fast ausschließlich um die gemeinsame Schule für alle Zehn- bis 14-Jährigen. Also um Schüler in einem Alter, in dem die wesentlichen Laufbahnentscheidungen großteils schon gefallen sind.
Auch inhaltlich fiel die NMS, die seit 1. September 2012 ins Regelschulwesen übernommen wurde und nunmehr fast alle Hauptschu- len ersetzt, durch. Die Evaluierung hat ergeben, dass NMS-Schüler keine besseren Schulleistungen erbringen als Schüler in den Hauptschulen. Das hat der Rechnungshof bereits vor rund einem Jahr kritisiert – und das obwohl, wie der RH festgehalten hat, der Systemwechsel rund 300 Mill. Euro gekostet habe. Der RH hatte vor allem kritisiert, dass der Schulversuch NMS in die Regelschule übernommen wurde, ohne dass jemals überprüft worden wäre, ob die neue Schulform auch die erhoffte Wirkung zeige.
Dass die Neue Mittelschule ihre Ziele verfehlt hat, liegt auch an den falschen Grundvoraussetzungen, wie es nun im Evaluierungsbericht heißt: Denn die Gesamtschule NMS wurde nicht als Gesamtschule und damit als Ersatz für alle Mittelschulen eingeführt, sondern in Konkurrenz zu etablierten Schulformen – sprich dem Gymnasium.
Jüngst hatte es auf der Homepage des Unterrichtsministeriums noch geheißen, dass Österreich mit der NMS „unterwegs zum internationalen Spitzenfeld in Sachen Schulbildung“sei. Den Satz muss man wohl spätestens jetzt streichen.