Die Heta gibt Rätsel auf
Selbst Experten fragen sich, wie in kurzer Zeit ein neues Milliardenloch aufreißen kann. Die anderen Hypos fragen sich, was auf sie zukommt.
Am Tag nach der Entscheidung, kein Steuergeld mehr in die Hypo-Abbaugesellschaft Heta zu pumpen, kreist die Debatte um das neue Milliardenloch, das sich im Zuge der Prüfung der Vermögenswerte (Asset Quality Review, AQR) aufgetan hat. Die AQR, die PricewaterhouseCoopers (PwC) durchgeführt hat, hat bekanntlich einen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf von 5,1 bis 8,7 Mrd. Euro ergeben. Das reißt in der Bilanz der Heta ein Loch von 4 bis 7,6 Mrd. Euro auf. Damit hat sich der potenzielle Kapitalbedarf fast verdoppelt, bisher war man von 4 Mrd. Euro ausgegangen, auch im Bundesbudget 2014.
Für den Finanzrechtler Werner Doralt folgt aus den nun publik gewordenen Zahlen, „dass die früheren Bilanzen schon falsch waren“. Den Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner wiederum verwundert die erratische Entwicklung in den Hypo-Bilanzen. Bis 2009 und 2010 habe es deutliche Verluste gegeben, „2011 und 2012 war plötzlich alles paletti“und 2013 und 2014 habe es geheißen, man könne nicht mehr bilanzieren. „Das fällt schon auf.“
Klaus Kumpfmüller, Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA), sagt: „Die Höhe hat uns auch über- rascht.“Die FMA habe aber „derzeit keine Hinweise auf eine Bilanzfälschung“. Man war aber vorgewarnt, dass bei der Heta Unheil droht. Der Staatskommissär hat die FMA am 24. Februar nach der Heta-Aufsichtsratssitzung informiert, „dass die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern und insbesondere die Sicherheit der ihr anvertrauen Vermögenswerte nicht mehr gewährleistet sein könnten“.
Falsche Bilanzen oder eine „Behübschung“derselben hält Alfred Brogyanyi, Vizepräsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, für unwahrscheinlich. Er erklärt sich die enorme Veränderung in der Bewertung damit, dass die Hypo früher als Bank bilanziert habe, bei der Heta als Abbaugesellschaft aber andere Kriterien gälten. Auch Finanzminister Hans Jörg Schelling sparte nicht mit Kritik an der Bilanzierung der früheren Hypo, „seit 2000 haben die Zahlen nie gestimmt“.
Die Wirtschaftsprüfungskanzlei Ernst & Young (EY) – sie prüft die Hypo seit der Verstaatlichung Ende 2009 – wies „in aller Deutlichkeit“Vorwürfe bei ihrer Tätigkeit als Abschlussprüfer zurück. Man habe mit der gebotenen Sorgfalt geprüft und darüber umfänglich berichtet. Im Vorjahr wurde EY mit der KPMG auch als Abschlussprüfer für den Jahresabschluss der Heta bestellt.
Sämtliche Bestätigungsvermerke zu den Abschlüssen seit 2010 seien mit umfangreichen Ergänzungen versehen worden, betont EY. Explizit habe man vermerkt, dass aufgrund der Bewertungsvorschriften absehbare Verluste aus dem Verkauf des Südosteuropa-Netzwerks erst in künftigen Abschlüssen Niederschlag finden werden. Weiters sei in der Ergänzung zum Bestätigungsvermerk darauf hingewiesen worden, dass es im Zuge der Überführung wesentlicher Teile des Kreditportfolios in eine Abbaueinheit zu anderen Bewertungsgrundsätzen kommen könne. Damit sei nicht auszuschließen, dass zusätzliche Verluste realisiert werden.
Während die Heta mit dem von der FMA verhängten Schuldenmoratorium bis Mai 2016 unter einem Schutzschirm steht, geht bei Gläu-
„Die Höhe der Unterdeckung hat uns auch überrascht.“
bigern das Rechnen los, wie viel sie verlieren werden. Besonders groß sind die Sorgen bei den anderen Hypo-Banken. Die Heta hat aus der Emission von Pfandbriefen Verbindlichkeiten von 1,2 Mrd. Euro gegenüber der Pfandbriefstelle des Sektors, davon liegen 800 Mill. Euro vorerst auf Eis. Sollte die Heta nicht zahlen, könnte das im Zuge der Solidarhaftung für sein Haus eine Liquiditätszufuhr für die Pfand- briefstelle von 150 bis 160 Mill. Euro bedeuten, sagte der Aufsichtsratschef der Hypo Tirol, Wilfried Stauder. Auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner sieht Zahlungen auf die Hypo zukommen, man könne einen möglichen Schaden aber nicht beziffern. Sollte dieser eintreten, will man sich an Kärnten schadlos halten, dazu gehört für Wallner, die Haftung des Landes für so einen Fall zu prüfen.