Unmoralische Eliten: Europas größte Bank als Fallbeispiel
Der Skandal bei der HSBC zeigt, wie die Eliten in Politik, Banken und Wirtschaft zum Schaden der Allgemeinheit zusammenspielen.
Die Hongkong Shanghai Banking Corporation, kurz HSBC, war in den vergangenen Jahren immer wieder mit negativen Schlagzeilen im Gerede. Jetzt ist noch „SwissLeaks“hinzugekommen. Die 2008 von einem HSBC-Mitarbeiter in Genf gestohlenen Kundendaten zeigen, dass die Bank nicht nur Superreichen aus aller Welt bei der Steuerhinterziehung half, sondern auch keine Skrupel hatte, Diktatoren, Waffenschiebern und Drogenhändlern die Konten zu führen. Die Liste von „SwissLeaks“umfasst für die Jahre 2006/2007 30.000 Kundendaten mit einem Volumen von 118 Mrd. Dollar. Diese Liste, von der französischen Finanzministerin Christine Lagarde den EU-Kollegen übergeben, ist diesen seit dem Jahr 2010 bekannt.
Und was geschah? Konzessionsentzug für HSBC Genf? Mitnichten. Nur wenige Länder, darunter Belgien, Argentinien und Deutschland, haben Untersuchungen wegen Steuerbetrugs eingeleitet. Anderswo wurde die Liste klammheimlich abgelegt. Auch in Großbritannien gab es Untersuchungen. Trotz Steuernachzahlungen von 135 Mill. Pfund gab es bei 1000 Fällen aber nur eine einzige Anzeige. Und die Verantwortung des Managements?
Stephen Green, der für die HSBC in diesen Jahren hauptverantwortlich war, war in der Öffentlichkeit als Verfechter einer makellosen Bankmoral bekannt. 2009 wurde er wegen seiner „Verdienste“sogar geadelt. 2010, zum Zeitpunkt der Übergabe der „SwissLeaks“-Liste an die EU-Finanzminister, war Green Mitglied der englischen Regierung. Man muss davon ausgehen, dass die englische Regierung auch von den Geldwäscheverfahren gegen HSBC in den USA und Mexiko wusste. Wer einen Rücktritt von Green erwartet hat, irrte. Er blieb Minister, kein Rücktritt, keine Verfahren, keine Anklage.
Das ist nicht das Ende der Geschichte. Man höre und staune, selbst der Name des derzeitigen Bosses von HSCB, Stuart Gulliver, steht auf der „SwissLeaks“-Liste. Als er Chef wurde, war die „SwissLeaks“-Liste schon lang bekannt. Und er war bereits weit oben in der HSBC-Hierarchie, als er sich Millionen Pfund an Bonuszahlungen über die Schweizer HSBC-Niederlassung auf das Konto einer panamesischen Firma auszahlen ließ. Und: Seit Jahren in England ansässig und tätig, firmiert er als Steuerausländer. Um die Steuervermeidung perfekt zu machen, ist er, wie 350 HSBC-Manager, bei einer Tochter in Holland angestellt. Schließlich verdient man ja nur elf bis zwölf Millionen Dollar pro Jahr, das muss schon steueroptimiert werden, oder? Natürlich alles legal, weil die englischen Steuergesetze das zulassen. Man ist ja großzügig gegenüber seinen Wirtschaftseliten.
Und die Moral aus der Geschichte: Der Datendieb, der Frankreich die Liste gab, steht in der Schweiz wegen Industriespionage vor Gericht. Belangt wurden bisher auch nur wenige der mutmaßlichen Steuerhinterzieher und Geldwäscher. Schon gar nicht zur Verantwortung wurden jene gezogen, die diese unmoralischen und/oder kriminellen Geschäfte der Bank aufgrund mangelhafter oder nicht vorhandener Kontrollsysteme ermöglicht haben.