Vulgär reden, schlagen, bei den „Bullen“lügen
Als „La Familia“verübten junge Burschen Straftaten. Ein Hauptangeklagter sagt: „Wir haben nicht viel nachgedacht.“
Im Megaprozess gegen jene vorwiegend jungen Angeklagten, die 2014 im Pongau in Serie andere junge Leute teils massiv eingeschüchtert, bedroht oder (schwer) verprügelt haben sollen, lichten sich die Reihen. Saßen zum Auftakt am Montag noch 32 Beschuldigte, alle aus Migrantenfamilien, im Salzburger Schwurgerichtssaal vor Einzelrichterin Christina Rott, so war es am Dienstag gerade einmal ein gutes Dutzend. Die Gründe:
Zum einen wurde noch am Montag das Verfahren gegen sieben Beschuldigte beendet. Sie waren nur untergeordnet an den insgesamt rund 50 angeklagten Straftaten beteiligt: Ein Bursch wurde wegen einer antisemitisch motivierten Körperverletzung (Fußball-Platzsturm) zu fünf Monaten bedingt verurteilt, sechs weitere junge Leute, darunter alle vier angeklagten Mädchen, bekamen Diversionen – sie müssen gemeinnützige Arbeit verrichten.
Zum anderen durften am Dienstag einige weitere untergeordnet beteiligte Beschuldigte daheim bleiben, da es um die Einvernahme des „harten Kerns“der Angeklagten ging: Also um jene 13 Burschen zwischen 18 und 20, denen nicht nur Delikte wie Körperverletzung, Drohung oder Nötigung angelastet werden, sondern auch Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Sie sollen sich als kriminelle Bande mit dem Namen „La Familia“zusammengetan und „Gegner“teilweise geradezu terrorisiert haben.
Ein 19-jähriger Bursch türkischer Abstammung, vorbestraft, soll „Anführer“der Gruppe gewesen sein – was er bestreitet. Insgesamt werden ihm über ein Dutzend einzelne Straftaten angelastet: Fünf Körperverletzungen, mehrere Drohungen und Nötigungen, Sachbeschädigung, Besitz von Waffen. „Das mit der Gruppe begann, als ich 17 war“, erzählte der großteils geständige 19-Jährige. „Wir waren immer schon enge Freunde; so acht, neun Burschen, die meisten türkische Leute. Wir haben uns ,La Familia‘ genannt, weil die Leute sagten, die sind wie eine Familie – die hängen jeden Tag zusammen.“Er habe im Internet einheitliche Pullis bestellt – mit überkreuzten Krummschwertern als Aufdruck und der Auf- schrift „Ich bleib Ghetto“. Frage der Richterin: „Warum das Wort Ghetto? Da wertet man sich ja ab?“– Antwort: „Wir dachten nicht viel nach. Das kommt im Lied eines Rappers vor.“Die Bande kommunizierte über eine WhatsApp-Gruppe. Laut Anklage ging es in den Chats oft um Raufereien. Man habe sich über WhatsApp zusammengerottet, um anderen zu drohen oder jene zu schlagen, die „Stress“gegen „La Familia“oder ein Mitglied gemacht haben sollen. Die mutmaßlichen Drohungen – die Opfer stammen ebenfalls aus Migrantenfamilien – waren oft extrem vulgär. Bemerkenswert: Die Richterin zitierte auch aus WhatsApp-Nachrichten, wo es „um falsche Beweisaussagen bei der Polizei“ging. So postete einer: „Ich lüge generell nicht – nur bei den ,Bullen‘.“Ein zweiter ergänzte: „Und bei Gericht.“