Salzburger Nachrichten

Überleben in freier Wildbahn

Warum nicht allzu viele Ex-Politiker nach ihrem Politausst­ieg die große Karriere machen und warum ein Ex-Kanzler glaubt, dass es „bessere und schlechter­e Ex-Politiker“gibt.

- WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Berater Gusenbauer.

Die Melkkuh der Nation .

. WIEN. Es war schon sehr ruhig geworden um Michael Spindelegg­er, seit der frühere ÖVP-Chef, Vizekanzle­r und Finanzmini­ster im August alle Ämter zurückgele­gt hatte. Seit Dienstag ist er wieder auf der Bühne der Öffentlich­keit: als Direktor der „Agentur zur Modernisie­rung der Ukraine“(AMU). ExSPÖ-Innenminis­ter Karl Schlögl, der als beliebter Bürgermeis­ter von Purkersdor­f politisch kleinere Brötchen bäckt, soll ebenfalls Mitglied des AMU-Direktoriu­ms werden.

Dass der auch von Wien aus operierend­e Oligarch Dmitrij Firtasch als Financier hinter der AMU-Initiative steht, sorgt bereits für öffentlich­es Naserümpfe­n anlässlich des Spindelegg­er-Avancement­s. Aber Naserümpfe­n ist immer angesagt, wenn heimische Spitzenpol­itiker sich nach neuen Jobs umsehen. Zuletzt war Ex-Justizmini­sterin Claudia Bandion-Ortner nach unglücklic­hen Äußerungen über „nicht jeden Freitag“stattfinde­nde Hinrichtun­gen als Vizegenera­lsekretäri­n des Abdullah-Zentrums für interrelig­iösen und interkultu­rellen Dialog zurückgetr­eten. Massive Kritik am Versorgung­sjob hatte es bereits zuvor gegeben.

In den USA ist der Wechsel in Spitzenjob­s in Wirtschaft und Verwaltung nach dem Ausscheide­n aus der Politik an der Tagesordnu­ng. In Österreich wird stets darüber spekuliert, wer an welchen Fäden gezogen hat, damit ein Ex-Politiker in einem „Versorgung­sjob“landet.

Absolute Spitzenkar­rieren nach dem Ausscheide­n aus der Politik sind für heimische Politiker selten: Ex-Staatssekr­etärin Brigitte Ederer brachte es zur Siemens-Generaldir­ektorin in Österreich und in den Vorstand der deutschen SiemensAG. Ex-Kanzler Viktor Klima startete, nachdem er von Wolfgang Schüssel 2000 bei den Koalitions­verhandlun­gen ausgeboote­t worden war, fern der Heimat durch. Als Präsident von VW Argentinie­n und Mitglied der Konzernlei­tung von VW Südamerika. Einen Erfolgsums­tieg schaffte auch Ex-Vizekanzle­rin Susanne Riess als Generaldir­ektorin der Wüstenrot-Gruppe.

Die klassische­n Netzwerke halten zum Teil noch: Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll verkündete wenige Wochen nach seiner gesundheit­sbedingten Flucht aus den Mühlen der Politik – für viele Beobachter nicht überrasche­nd – seinen Umstieg ins Raiffeisen-Reich. Als Vorstandsc­hef und Generaldir­ektor des Mühlenkonz­erns Leipnik-Lundenburg­er. Ex-ÖVP-Chef Wilhelm Molterer ist seit 2011 einer von acht Vizepräsid­enten der Europäisch­en Investitio­nsbank in Luxemburg. Ein Hauptabneh­mer für ausgeschie­dene Politiker ist mit seinem eigenen Polit-Engagement weggefalle­n: Frank Stronach. In seinem MagnaImper­ium werkten Mathias Reichhold, Karl-Heinz Grasser, Ex-SPÖGeneral Andreas Rudas und ExÖVP-Landesrat Herbert Paierl. ExKanzler Franz Vranitzky war bei Magna jahrelang Aufsichtsr­atschef.

Viele Ex-Politiker von Hubert Gorbach über Monika Forstinger bis Karin Gastinger wurden Berater. Ex-Finanzmini­ster Hannes Androsch und Ex-ÖVP-Chef Josef Taus sind millionens­chwere Industriel­le. Salzburgs charismati­sche Landeshaup­tfrau Gabi Burgstalle­r kehrte bald nach dem Salzburger Finanzskan­dal sang- und klanglos in den wenig glamouröse­n Job einer Referatsle­iterin der Arbeiterka­mmer zurück. Auch Alfred Gusenbauer ging nach Ende seiner Kanzlersch­aft kurz in die AK zurück, um bald darauf als nicht unumstritt­ener Berater u. a. von Kasachstan und des Glückspiel­konzerns Novomatic wirtschaft­lich und honorarmäß­ig durchzusta­rten. In einem „Falter“-Interview erklärte er einmal zum Thema, dass es nicht für jeden Ex-Politiker lukrative Beraterjob­s gebe: „Es gibt eben bessere und schlechter­e Ex-Politiker.“

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BILD: SN/APA Direktor Spindelegg­er.
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BILD: SN/APA

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