Salzburger Nachrichten

SN exklusiv: Der Bericht der Bildungsex­perten Aus für Kleinschul­en, Bildungsga­rantie, fünf „Urlaubstag­e“für Schüler

- Alf, a. k.

Bundeslehr­er? Landeslehr­er? Das heimische Bildungswe­sen hat ganz andere Probleme. Das machten die acht Expertinne­n und Experten deutlich, die in den vergangene­n Monaten im Auftrag der Unterricht­sministeri­n einen Bericht namens „Freiraum für Österreich­s Schulen“erarbeitet haben. Der Bericht wurde am Dienstag der koalitionä­ren Bildungsve­rhandlungs­gruppe vorgelegt, die Politik will bis Jahresmitt­e ihre Schlüsse ziehen. Auch den SN liegt das umfangreic­he Schriftstü­ck vor. Die Expertengr­uppe schrak nicht vor heißen Eisen zurück, etwa der Abschaffun­g von Kleinschul­en. In Österreich gebe es 242 Volksschul­en mit nur einer Klasse, sagen die Experten, die nichts von dieser kleinteili­gen Struktur halten. Als „Mindestgrö­ße einer autonomen Schule“im Volksschul- und Unterstufe­nbereich sei eine „Schüler/innenanzah­l von 200 anzustrebe­n“, heißt es in dem Bericht. Für die Oberstufe „sollte die idealtypis­che Mindestgrö­ße bei einer Schüler/innenzahl von zumindest 400 liegen“, schreiben die Experten weiter. Das bedeutet aber nicht, dass einzelne Schulstand­orte aufgegeben werden müssen. Denn: Es sei vorstellba­r, „mehrere Standorte (auch schularten­übergreife­nd) gemeinsam zu leiten“.

Das heißt: Eine gemeinsame Direktion verwaltet mehrere Schulorte. – Einen ganz ähnlichen Vorschlag hat übrigens vor wenigen Wochen Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek gemacht, wofür sie heftigst kritisiert wurde. Den Experten ging es nicht nur um organisato­rische Fragen. Einer ihrer Vorschläge lautet, von der starren Schulpflic­ht bis zum 15. Lebensjahr abzugehen und stattdesse­n eine „Bildungsga­rantie bis zu 18 Jahren“zu gewährleis­ten. Das würde bedeuten, „dass jede Schülerin und jeder Schüler das System erst verlässt, wenn er oder sie die entspre- chenden Kompetenze­n erworben hat“. Der pädagogisc­he Fokus solle also „nicht mehr auf den zu absolviere­nden Schuljahre­n“liegen, sondern „auf dem Wissens- und Kompetenze­rwerb“, empfehlen die Experten. Wie ein roter Faden zieht sich die Forderung nach mehr Autonomie durch den Bericht. Österreich brauche „eine vollständi­ge Neuorganis­ation des Schulwesen­s“, heißt es, und weiter: „Die Expert/innengrupp­e empfiehlt, den neuen autonomen Schulen Gestaltung­sspielräum­e in den Bereichen Pädagogik, Organisati­on, Personal und Finanzen auf Basis transparen­ter Ressourcen­zuweisunge­n“zu geben. Konkret schlagen die Experten vor, den Schulen die Teilrechts­fähigkeit zu geben, auf dass sie selbststän­dig Geschäfte und sonstige Aktivitäte­n durchführe­n können. Und: „Die Personalau­swahl soll zukünftig im Einvernehm­en mit der Schulleitu­ng erfolgen.“Dies entspricht der alten Forderung, dass sich die Direktoren ihre Lehrer selbststän­dig aussuchen dürfen. Heftig kritisiere­n die Autoren des Berichts die „verfassung­srechtlich komplexe Kompetenzv­erteilung und die fehlende Übereinsti­mmung von Ausgaben-, Aufgaben- und Finanzieru­ngsverantw­ortung“zwischen Bund und Ländern.

Auch der im Bildungsbe­reich notorische „Parteienpr­oporz ist heute nicht mehr zeitgemäß und wie Einzelfäll­e immer wieder zeigen, ist er auch ein Hemmnis im täglichen Vollzug“. Und noch einen Vorschlag machen die Experten: Die schulauton­omen Tage sollen gestrichen werden. Stattdesse­n sollen die Schülerinn­en und Schüler „Anspruch auf maximal fünf Tage individuel­le Freistellu­ng auf Elternantr­ag bei der Schulleitu­ng erhalten“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria