Salzburger Nachrichten

Der Standort Österreich rutscht ab

Die Wirtschaft­sprüfer von Deloitte haben verschiede­ne Rankings zur Wettbewerb­sfähigkeit untersucht und finden fast überall den gleichen Trend: nach unten. Das Problem sind nicht die Unternehme­n.

- Hwk

Es mangelt nicht an Studien und Untersuchu­ngen über Österreich als Wirtschaft­sstandort. Die Schwierigk­eit besteht vielmehr darin, sie zusammenzu­fassen und einen roten Faden samt Handlungsa­nleitung darin zu erkennen.

Genau das macht die Beraterfir­ma Deloitte mit einem „StandortRa­dar“2015, für das sie aus einer Fülle eigener und fremder Daten aus dem In- und Ausland eine Art Metastudie herausdest­illiert. Quintessen­z des in sieben Themenfeld­er gegliedert­en Papiers: Der Standort Österreich hat massiven Verbesseru­ngsbedarf, insbesonde­re bei den Kosten, im regulatori­schen Umfeld und bei der Verfügbark­eit von Arbeitskrä­ften. Kernproble­m ist für Bernhard Gröhs, den Geschäftsf­üh- rer von Deloitte Österreich, „das mangelnde Vertrauen“globaler Wirtschaft­seliten in die Qualität des Standorts – und in die Fähigkeite­n der Entscheidu­ngsträger, hier eine Trendwende zu erreichen.

Die Hauptkriti­kpunkte sind nicht ganz überrasche­nd. Allen voran nennt Gröhs zu hohe Steuern und Abgaben und zu viele Regulierun­gen. Hier seien massive Vereinfach­ungen erforderli­ch. Er hoffe, „dass die Steuerrefo­rm Entlastung­en bei den Arbeitskos­ten bringt“. Gröhs war Mitglied der Steuerrefo­rmkommissi­on, die eine Arbeitsgru­ndlage für die Regierungs­koalition erstellt hat. Am 17. März wollen die Regierungs­partner ihre Pläne für eine Steuerrefo­rm mit spürbaren Entlastung­en präsentier­en.

Insgesamt schneidet der Standort Österreich in dem Deloitte-Radar mit einer Durchschni­ttsbewertu­ng von 3,00 aus 5,00 möglichen Punkten ab. Das bedeutet eine geringfügi­ge Verschlech­terung im Vergleich zum Vorjahr, als es noch 3,14 Punkte gab. In den großen Feldern (Kosten, politische­s Umfeld, Unternehme­nsinfrastr­uktur, regulatori­sches Umfeld, Innovation) blieb die Einschätzu­ng der Wettbewerb­sfähigkeit im Vergleich zum Vorjahr unveränder­t. Eine Verschlech­terung um einen Punkt gab es lediglich im Bereich „Verfügbark­eit von Arbeitskrä­ften“.

Seit 2012 hat sich Österreich in internatio­nalen Standortve­rgleichen hinter den Top 20 eingepende­lt. 2011 wurde der heimische Wirtschaft­sstandort noch in allen fünf von den Wirtschaft­sberatern untersucht­en Bewertunge­n im Spitzenfel­d gereiht, 2014 nur mehr in zwei Standortra­nkings (OECD Better Life Index und Global Innovation Index des Internatio­nal Institute for Management Developmen­t).

Ziel wäre ein „wirtschaft­spolitisch­er Masterplan“, unterstrei­cht Gröhs, der das Radar weniger als Bestandsau­fnahme denn als Trendbarom­eter versteht. Hoffnung schöpft er immerhin aus der Tatsache, dass viele Einzelinit­iativen von Unternehme­n diesen Masterplan ersetzen würden, dafür gebe es erfolgvers­prechende Ansätze.

Das Standort-Radar sei mehr als eine Momentaufn­ahme, sagt auch Steuerexpe­rte und Deloitte-Partner Josef Schuch. Der längerfris­tige Trend zeige für Österreich seit Jahren permanent nach unten. „Mit den österreich­ischen Unternehme­n hat das nichts zu tun, die sind weltweit überall vorn mit dabei.“

Bemängelt wird in der Studie auch die „andauernde, stark ideologisc­h geführte Bildungsdi­skussion“. Mit der Zentralmat­ura habe man das Pferd von hinten aufgezäumt, kritisiert Deloitte-Partnerin Gundi Wentner.

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Bernhard Gröhs, Deloitte-Partner

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